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Episode 38: DDR

Shownotes

Webseite Lydia Benecke: www.lydiabenecke.de

Webseite WTF Live: www.wtf-leipzig.de

Twitch Kanal https://www.twitch.tv/wtftalk

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Transkript anzeigen

00:00:00: Herzlich willkommen zum Achtunddreißigsten Mal WTF Talk.

00:00:04: Wissenschaft trifft Freundschaft.

00:00:06: Wow, Wahnsinn, Achtunddreißig.

00:00:08: Da sind wir jetzt schon.

00:00:10: Und ja, wir sind heute vom Stammteam hier mit Bernd, Lydia und mir.

00:00:15: Holm lässt sich entschuldigen.

00:00:16: Und wir haben ganz spannende Gäste für euch hier.

00:00:20: Und da ihr die Route schon kennt, würde ich direkt die Route mal bitten, sich kurz vorzustellen.

00:00:26: Route, wer bist du denn?

00:00:27: Ja, hallo, ich bin Ruth und ich bin Sozialarbeiterin, Familientherapeutin und arbeite mit sexuell übergriffigen Personen nach aber auch ganz viel Präventionsarbeit.

00:00:38: Aber deswegen bin ich heute nicht hier.

00:00:40: Ich bin hier, weil ich aus einer Familie komme, wo der Vater aus dem Osten Deutschlands kam, aus Leipzig und die Mutter aus dem Westen Deutschlands, nämlich in der Nähe von Köln und ich das in meiner Familie ganz hautnah erlebt habe, was das bedeutet Samtwiedervereinigung.

00:00:57: Das ist sehr, sehr spannend bei unserem Thema DDR heute, genau.

00:01:01: Andreas, wer bist du denn und was führt dich hierhin?

00:01:06: Also, mein Name ist Andreas Finke.

00:01:08: Ich bin jetzt im ordentlichen Erfurt.

00:01:10: Ich bin FNG-Jobfacher.

00:01:12: Ich habe Theologie studiert in der DDR.

00:01:15: Ich glaube, ich bin der Älteste hier in der Runde.

00:01:18: Was mich hierher führt, ist mir, ich könnte frech sagen, ist mir nicht ganz klar.

00:01:22: Ich vermute es, aber... Ich vermute, ich habe auf einer Tagung auf der Lydia auch einen Vortrag gehalten über einige Aspekte meiner Stasiakte.

00:01:32: Also, als die Mauer fiel, war ich dreißig.

00:01:34: Ich habe also zehn Jahre an der DDR, also sehr bewusst.

00:01:38: Natürlich habe ich dreißig Jahre an der DDR gelebt, aber sozusagen bewusst, sozusagen die Lebensphase zwischen, sagen wir, zwischen fünfzehn und dreißig erlebt.

00:01:48: Und ich gehöre zu denen, die auf so eine bescheidene Art kritisch oder oppositionell waren, das sind ja alle solche großen Worte.

00:01:59: Die Felder, worüber werden wir ja wahrscheinlich reden, das kann man ja unterbrechen.

00:02:03: Aber ich habe sozusagen meine eigene Erfahrung mit der Diktatur gemacht.

00:02:10: Und Lucy, das weitere unbekannte Gesicht, unbekannte Stimme allerdings nicht, dann können wir direkt vielleicht den Hinweis geben, dass die Zuschauerin dich gerade schon gehört haben, bevor der Stream begonnen hat.

00:02:22: Er hat also keine KI erstellt, nein, sondern Lucy und wenn ich es richtig verstanden habe, ihr Sohn, richtig?

00:02:30: Ja, wir haben das zusammen.

00:02:32: produziert.

00:02:33: Und er hat es produziert.

00:02:35: Ich habe es gesungen.

00:02:37: Ich bin quasi nur die Ausführende.

00:02:39: Und was

00:02:45: würde ich heute hier gehen?

00:02:46: Genau,

00:02:47: deswegen ich hier bin, wie gesagt, normalerweise bin ich Sängerin und Autorin und ich bin Jahrgang.

00:02:56: Und ich bin hier soweit ich weiß, weil ich ein bisschen was erzählen soll vom Insel da sein in Westberlin, was ja umgeben war von der DDR.

00:03:06: Also ich war achtzehn als die Mauer viel und ich hatte aber eben auch einen sogenannten rübergemachten Vater.

00:03:13: Mein Vater ist in Magdeburg geboren.

00:03:15: Und habe insofern auch, ja, also wie fast alle Leute in Westberlin einen sehr engen Kontakt gehabt zur damaligen DDR und versuche das aus Westberliner Sicht, Westberliner Rinnensicht ein bisschen zu beleuchten.

00:03:36: Sehr cool, dann haben wir auch, ich glaube, wir haben ein rundes Bild heute hier auf jeden Fall.

00:03:41: Und ich würde gerne einfach mal anfangen, ganz... Was war denn die DDR überhaupt?

00:03:51: Vielleicht frage ich Andreas.

00:03:55: Ja, das ist eine schöne Frage zur Eröffnung.

00:03:57: Das macht einen gleich ratlos.

00:04:02: Was war die DDR?

00:04:04: Ich könnte jetzt salomonisch antworten und sagen, die DDR war ein Land, in dem ich aufgewachsen bin.

00:04:09: Und was ich mir nicht gewählt hatte, aber ich meine, wer wählt sich das Land, in dem er aufwächst?

00:04:13: Aber sagen wir es mal so, das war eben ein Land, in dem ich aufgewachsen bin.

00:04:18: und ich bin aufgewachsen, mein Vater war Arzt und nicht ganz untypisch für so ein Arzthaus, wie es viele in der DDR gab, wo so die Eltern in so einem inneren Distanz der DDR waren.

00:04:35: Ich könnte fast sagen, meine Eltern haben die DDR verachtet, aber sie haben sie ja natürlich verachtet, aber sozusagen innerlich verachtet.

00:04:44: Sie sind nie tätig geworden gegen die DDR.

00:04:47: Sie haben sich natürlich angepasst, wie sich ja, wie sich ja neun, neunzig Prozent der Leute angepasst haben.

00:04:52: Das wissen sie nur heute nicht mehr.

00:04:54: Sie haben sich angepasst und sie haben sich auch anpassen müssen, weil man ja gar nicht anders überleben konnte.

00:05:00: Und ich bin die nächste Generation, die dann ein bisschen aufmüpfiger war.

00:05:04: und in den Achtzigerjahren, man muss natürlich auch immer sehen, in den Achtzigerjahren waren die Verhältnisse auch anders als in den Fünfzigerjahren.

00:05:11: In den Fünfzigerjahren sind Leute, die sich angelegt haben mit dem System noch in den Depirien verschwunden.

00:05:17: Das hat sich natürlich geändert.

00:05:19: Da gibt es Zäsuren, wo sich das geändert hat, Mitte der Siebzigerjahre mit der Brünten.

00:05:24: Schlussakte von Helsinki KSTD, Schlussakte hat ihr DDR ja auch versucht, sozusagen in den Reigen der anerkannten Länder aufgenommen zu werden.

00:05:34: Und dann hat sich sozusagen die Situation ein wenig geändert.

00:05:37: Aber wenn du jetzt so fragst, was war die DDR, muss man immer wieder dazu sagen.

00:05:41: Sie war ansofern ein seltsames Land, dass wir ja die Großteil der westdeutschen Medien konsumieren konnten.

00:05:48: Also in meinem Elternhaus wurde nur Westfernsehen geguckt.

00:05:52: Und ich habe natürlich auch nur Westrad gehört.

00:05:54: ist auf wenige Ausnahmen.

00:05:56: Und da geht es schon los.

00:05:57: Es beschreibt vielleicht, es deutet ein bisschen auch das Shit zu Idaan.

00:06:02: In dem Sinne ist die DDR auch was ganz anderes, als zum Beispiel war es wahrscheinlich heute.

00:06:08: Weil ich weiß Russland oder Iran, aber in Dauer müssen wir reden.

00:06:11: Also das würde mich interessieren, Dauer zu reden.

00:06:13: Also was bedeutet so eine DDR-Erfahrung auch für andere totale Staaten heute?

00:06:20: Weil die DDR, das ist ja sozusagen Schnee von gestern.

00:06:22: Aber interessant ist natürlich, wenn man fragt, was lehrt uns das so?

00:06:26: Was gibt uns das für die Gegenwart mit?

00:06:30: Ich würde an der Stelle vielleicht erwähnen, dass mein Eindruck ist, dass jüngere Menschen häufig eine sehr abstrakte Vorstellung haben von dem, was die DDR war, ne?

00:06:39: Weil es für jüngere Generationen ja so was Historisches ist, die das selber gar nicht so mitbekommen haben.

00:06:45: Und von daher würde ich auch gar nicht so als Allgemeinwissen voraussetzen, wie da auch wirklich die Lebensbedingungen waren und was das für ein System war.

00:06:54: Und deswegen hoffe ich auch, dass ihr auch gerade zusammen so ein bisschen aus den verschiedenen Perspektiven ein bisschen erzählen könnt, wie das damals in eurer auch persönlichen Erfahrung aussah.

00:07:04: weil das eben dann nicht mehr so abstrakt ist.

00:07:07: Ja, das finde ich eine richtig gute Idee.

00:07:09: Ich gebe vielleicht einmal die Randdaten.

00:07:11: Siebter Oktober, nineteen neunundvierzig bis zur Wiedervereinigung, dritte Oktober, neunundneunundneunundneunundneunundneunundneunundneunundzig.

00:07:16: Das ist jetzt die Geschichtslehrerin hier.

00:07:19: Aber die Lucy hatte sich gemeldet und deswegen nehme ich sie jetzt mal dran.

00:07:22: Nee, nee, nee, nee, ich zieh das zurück.

00:07:25: Mach du mal erst mal weiter.

00:07:26: Nee, es war wirklich, war nur ein paar Jahreszahlen.

00:07:29: Ja genau, gerne.

00:07:31: Darf ich mal was

00:07:33: sagen zu dem Stichwort?

00:07:35: Also ihr müsst mich dann bremsen, ja.

00:07:37: Ich bin ja sozusagen biografiegeschältigt.

00:07:39: Wir können ja sagen, dass Betroffene berichten.

00:07:41: Dann macht er eben den Ton aus oder werft mich aus.

00:07:44: Aber ich will mal was sagen zu dem wichtigen Stichwort, dass vieles wenig bekannt ist, weil das fällt mir auch auf.

00:07:50: Ich bin ja tätig aus Studentenfacher.

00:07:52: Ich habe also viel mit Leuten zu tun, die Abitur haben und die studieren.

00:07:56: und von denen viele wenig über die DDR wissen.

00:08:00: Das Schlimme ist, man kommt sich dann immer so oberlehrerhaft vor, wenn man sagt, die wissen so wenig.

00:08:05: Ich würde das erst mal ein bisschen freundlicher beschreiben.

00:08:07: Für mich zumindest, dass ich sage, ich kann das auch verstehen, dass man sich für ein vergangenes Land ... Ich bin nicht so wahnsinnig interessiert.

00:08:16: Also die DDR ist thirty-fünf Jahre vorbei.

00:08:19: Und wenn ich mir das mal angucke, mit Blick auf das NS, auf den NS-Staat, der war neunzehn-achtzig, thirty-fünf Jahre vorbei, da habe ich mich für die Gestapo oder für den NS-Staat auch nicht sehr interessiert.

00:08:32: Also ich habe einerseits ein bisschen Verständnis, dass man sagt, mein Gott, das ist ein fernes Land.

00:08:36: Aber die andere Seite ist eben gerade bei vielen gegenwärtigen Diskussionen.

00:08:40: Ich habe ja schon mal angedeutet.

00:08:42: Iran, China, Weißrussland oder wenn man auch Diskussion um sehr autoritäre Parteien daran denkt, da geht es mir schon so, dass ich sagen möchte, naja, liebe junge Leute, unterschätzt nicht, wie gefährdet die Demokratie ist eben durch totale Strukturen und was das eben bedeutet, wenn eben Wissenschaft, Freiheit, Medien gleichgeschaltet sind.

00:09:07: Das ist ja sozusagen die Geschichte.

00:09:10: Geschichte der DDR, wenn man eben nicht mehr seine freie Meinung sagen darf oder so.

00:09:15: Und deswegen tut es mir manchmal auch weh, wenn heute viele Leute sagen, ihr darf man ja gar nicht seine Meinung sagen.

00:09:21: Das ist im Unsinn.

00:09:22: Natürlich kann man seine Meinung sagen.

00:09:24: Ich komme aus dem Land, wo man seine Meinung nicht sagen will und wo man eben von der Uni flog, wenn man eben Das weiß ich Ihnen.

00:09:31: Einfach nur einen kleinen Aufkleber auf der Jacke hatte, auf dem Stand Schwerter zu Flugschaden.

00:09:37: Deswegen sind viele meiner Kommilitoren von Runige flogen.

00:09:41: Und das muss man sich klar machen, was das in dieser Wucht eben bedeutet.

00:09:47: Schwerter zu Flugschaden.

00:09:49: Sozusagen das Motto der ostdeutschen Prinsbewegung, also ein Zitat aus dem alten Testament.

00:09:54: Also es ist so eine prophetische Verheißung.

00:09:56: Da werden ihre Schwerte zu flugschalen, in ihre Sicheln zu... So ein

00:10:00: Friedens,

00:10:01: ne?

00:10:01: So was.

00:10:02: Es ist so ein Friedenssymbol, was die Sowjetunion den Vereinten Nationen auch mal als Kultur geschenkt hat.

00:10:08: Das steht in New York vor dem Hauptgebäude der Vereinten Nationen.

00:10:12: Und die DDR-Friedensbewegung hat das entdeckt.

00:10:14: Das war natürlich füffig, sowas zu entdecken, was nun gerade von der Sowjetunion auch sozusagen umgesetzt wurde, künstlerisch.

00:10:22: Und das war etwa zweiundachtzig, dreieinachtzig, habe ich in Halle Saale Theologie studiert und da kriegten wir die klare Anweisung.

00:10:33: Entweder ihr macht diese auf näher ab oder ihr dürft die Universitätsgebäude nicht betreten.

00:10:37: Das bedeutet faktisch, einige meiner Kommentoren sind dann von der Uni geflogen.

00:10:42: Das sind so einzelne Geschichten, aber ich finde diese Geschichten wichtig, um zu beschreiben, das war die DDR.

00:10:48: Man kann übrigens auch andere Geschichten erzählen und das erlebte dann ja heute viel.

00:10:51: Viele erzählen, es war alles schön und viele Leute haben gut zusammengehalten.

00:10:55: Und die Dorffeste waren immer so schön.

00:10:57: Möglicherweise stimmt diese Geschichte auch.

00:11:00: Dieses romantisierende Diskennich auf jeden Fall, dass auch wirklich auch mit poetischen Wörtern gespielt wird, Tränenpalast.

00:11:10: Nur ein Stichwort davon, aber glücklich auch, dass es sehr romantisiert wird.

00:11:14: Aber Lucy, du hast es ja auch mehr oder weniger kennengelernt, zwar nicht in Ostberlin oder in Westberlin.

00:11:21: Na ja, also ich war auch oft genug in Ostberlin.

00:11:24: Also das war natürlich als, wie gesagt, als Westberlinerin.

00:11:27: Für dich war es möglich.

00:11:29: Nee, eben nicht, eben gerade gar nicht, sondern also es war so, also ich würde gerne vorher schon mal einen Gerät,

00:11:36: also Trefferlast.

00:11:37: übrigens war tatsächlich ein.

00:11:39: Also es war ein Ost-West-Berliner Begriff für das Haus, wo die Leute sich verabschieden mussten, wenn sie einander besucht haben.

00:11:49: Und es war halt für Westberliner nur was.

00:11:56: Bürokrat, also mit nicht so riesigen bürokratischen Aufwand, da musste man sich dann nur drei Monate vorher anmelden, gar nicht möglich nach Westberlin zu gehen und muss es auch nachts wieder zurück, also nachts um zwölf, du durftest dort nicht übernachten und deswegen haben dann die ganzen Leute gestanden und geweint und sich verabschiedet, also die ganzen Familien, also wir haben die haben halt sehr bewusst versucht, weil es ja eben Familien gab, die eben wirklich zwei Straßen weiter nur getrennt von der Mauer teilweise ihre Angehörigen hatten, da wirklich ganz bewusst ein Keil dazwischen zu treiben.

00:12:30: Also rüber, also außer DDR nach Westberlin durften ohnehin nur die Rentner.

00:12:36: Und es war für Westberliner extrem schwierig zu den eigenen Angehörigen zu kommen.

00:12:43: Und es war auch schwieriger als für Westdeutsche.

00:12:47: die wir damals Wessis schimpften.

00:12:51: Das war... Aber was ich da sagen wollte, ist, dass ich das sehr oft erlebe.

00:12:56: Was für mich teilweise sehr befremdlich ist, was ich auch nachvollziehen kann.

00:13:01: Weil ich glaube, es ist immer, wenn du jetzt hier in so einem Staat lebst, wo ja auch natürlich vieles im Agen ist, ist es total schön so ein... Konstrukt sich zu überlegen, dass das ist mal was gab, was irgendwie besser war.

00:13:16: Also ich kriege das sehr häufig mit bei Jüngeren, dass die dann erzählen, also dass die auch ganz bewusst so sagen, ich bin Ossi und dann sind die aber erst twenty-fünf oder so und haben das gar nicht mitbekommen und erzählen halt, das ist dann keine Ahnung, quasi das... Die umweltbewusste Alternative wäre zu einem heutigen kapitalistischen Staat.

00:13:39: und also erzählen so ganz hochtrabende Dinge.

00:13:43: und dann denke ich mir immer, ich sitze da und ich war dabei und ich glaube, dass in jeder Diktatur ein schönes Privatleben möglich ist.

00:13:51: Ich glaube, das muss ja auch möglich sein, muss ja auch irgendwie geistig gesund bleiben.

00:13:55: Und du musst es dir ja irgendwie schön machen, so gut es geht.

00:13:59: Wenn dann deine Angehörigen dich gerade irgendwo im Knast sitzen oder... Aber ich denke, dass wir wirklich das nicht vergessen sollten, was das eben teilweise für ein unglaublich repressiver Staat war.

00:14:14: Und dass es eben doch ein Unterschied ist, was ja gerade eben auch schon gesagt wurde zwischen einem totalitären Staat.

00:14:25: wo du gewisse Rechte eben nicht hast.

00:14:29: Und ich glaube, das dürfen wir nicht vergessen.

00:14:31: Wie sah denn der Alter überhaupt in der DDR aus?

00:14:33: Vielleicht kann Ruth dazu was sagen und ansonsten dann gerne auch Andreas.

00:14:39: Also ich glaube, das ist nicht die passende Frage, ganz so passende Frage für mich, weil ich war bei der Wiedervereinigung schon dreizehn Jahre.

00:14:45: Also das, was ich erlebt habe, war aus Kindersicht, vielleicht noch vorpuppatierende Sicht, aber es war natürlich unglaublich anders.

00:14:52: Und deswegen, ich kann nichts zum Alltag sagen, ich hatte Besuchskontakte.

00:14:55: Wir sind öfter zu unserer Familie gefahren.

00:14:59: Mein Vater ist über die Grenze gegangen, der ist Zwei- und Dreißiger Baujahr gewesen.

00:15:09: Mit seiner damals ersten Frau und auch schon seinem erstgeborenen Kind.

00:15:16: Und das heißt, wir waren immer sehr geprägt von diesem Ost und West.

00:15:20: Und es gab auch diese Begriffe innerhalb der Familie Osis und Wessis.

00:15:23: Und es gab auch immer die Sorge, wann können wir uns wiedersehen.

00:15:27: Also auch diese Sehnsucht, diese Sehnsucht, die Familien haben, wenn sie auseinandergerissen werden.

00:15:32: Also es war immer so was Gespaltenes in der Familie.

00:15:36: Und das heißt, so ein Besuch im Osten hatte natürlich unglaublich viele Facetten.

00:15:42: Es mussten alle Geschichten erzählt werden.

00:15:43: Es ist viel geweint worden hinter der Grenze.

00:15:46: Da kann ich mich ja in Armt worden, geweint worden.

00:15:50: Ich weiß, dass es für mich damals eine, also eine, also es wirkte für mich.

00:15:55: Also es war wie in der andere Welt.

00:15:56: Ich kann mich sind so, das sagt es ja schon.

00:15:59: Es wird ein bisschen anecdotisch heute, aber ich kann mich daran erinnern.

00:16:02: dass es ein Schaufenster gab und da war als Pyramide, als Pyramide waren so Sauerkrautdosen gestapelt und ich stand davor und ich konnte das Konzept nicht begreifen, ich konnte nicht das Konzept begreifen, dass in einem Schaufenster Sauerkrautkonserven waren und es gab, aber es waren so viele Eindrücke, es waren so viele Eindrücke, man konnte gar nicht alles auf einmal klären.

00:16:24: Und ja, genau, aber ich kann nichts sagen zum tatsächlichen Alltag.

00:16:28: Ich kann über diese ganzen familiären Geschichten erzählen und eben, was uns auch erzählt wurde.

00:16:33: Aber letztendlich war ich zu jung.

00:16:35: Ich war dreizehn als die Mauer viel.

00:16:37: Dazu kann ich gleich auch noch was sagen.

00:16:38: oder zu den Besuchen, zu den Grenzkontrollen, zu solchen Themen.

00:16:44: Na die Sauerkrautdosen sind doch ein schönes Bild.

00:16:46: Sie beschreiben doch ganz schön, wirklich so ein Stück alter Hundert DDR.

00:16:51: Also man hat sozusagen den Auftrag gehabt, die Schaufenste irgendwie nett zu gestalten und zwar mit dem, was man ihm hatte.

00:16:57: Und es gab ja kaum frisches Obst und Gemüse.

00:17:02: Es war ganz schwierig mit Obst und Gemüse.

00:17:04: Ich finde, dass mit den Sauerkrautdosen sehr naheliegend.

00:17:08: Im Obst und Gemüsehandel gab es meistens Rotkohl und Weißkohl.

00:17:11: Das hat die Idee daher auf die Beine gestellt.

00:17:13: Südfrüchte ja sowieso gar nicht.

00:17:15: Ja, es gab nie in der DDR eine einzige Kiwi.

00:17:19: Das muss man sich mal klarmachen.

00:17:20: Das vergisst man ja immer.

00:17:22: Und das ist auch wieder so was.

00:17:23: Man kann es eben nur erzählen, anektotisch erzählen.

00:17:26: Insofern ist die Geschichte mit dem Schaufenster eigentlich ganz typisch.

00:17:30: Mein erster Impuls war kurz zu sagen, auch wenn das jetzt paradox klingt.

00:17:36: Vielleicht war der Alltag gar nicht so anders als in Westdeutschland.

00:17:39: Ich sage das deshalb, weil ich bin seit... ...künfundzwanzig Jahren mit einer Frau zusammen, die in Westberlin groß geworden ist.

00:17:44: Ich kenne also auch diese... Und da merke ich... Da merke ich immer, dass sozusagen das Kulturphänomen Deutschland in den siebziger, achtziger, neunziger... In den siebziger, achtziger Jahren... Da sind wir uns bei aller... Tiefe der Grenze, also bei aller Distanz auch wieder nah gewesen, weil wir ähnliche Interessen hatten, so in gewisser Weise.

00:18:07: Also das ist jetzt vielleicht, erscheint vielleicht Paradox, aber Freizeitinteressen waren ein Stückchen ähnlich, die waren natürlich anders gefüllt, wenn man im Westen nach Mallorca fuhr, vor meinem Osten eben nach Ungarn.

00:18:20: Das war sozusagen das Mallorca, das Osten war ja Ungarn, das Blattensicht, das Traumtiel gewesen und so.

00:18:27: Also Insofern war der Alltag vielleicht gar nicht so wahnsinnig anders.

00:18:33: Ich finde noch an einem sehr schönen Bild, das vorhin viel, das ist dieses mit so einem Stück die Idylle in der Diktatur.

00:18:42: Na klar, das ist ja bei uns im Dritten Reich nicht anders gewesen.

00:18:46: Man kann natürlich in der Diktatur, wenn man sozusagen private Glück hat, kann man sozusagen auch die Idylle leben.

00:18:54: Es gab vor einigen Zeiten so ein paar Fernsehsendungen habe ich gesehen, private Filmaufnahmen aus dem Dritten Reich, wo jemand eine Kamera hatte und dann immer wieder das private Glück gefilmt.

00:19:04: Es gibt ja sogar Filme über das private Glück von KZ-Aufsehern.

00:19:09: Also ich würde es so sagen, wenn man nicht aneckt mit den politisch Herrschenden, konnte man sozusagen im Windschatten der Aufmerksamkeit sein privates Glück natürlich pflegen.

00:19:24: Das war eben so, das ist wahrscheinlich jeder Diktatur so.

00:19:27: auf der Welt.

00:19:29: In der DDR wurde es dann schwierig, wenn man irgendwie tätig wurde.

00:19:34: Und das war in meiner Generation natürlich dann eher die Umweltbewegung.

00:19:39: Also wir fingen halt an uns darüber zu beschweren, dass die Flüsse stinken.

00:19:43: Also der Fluss, der durch Erfurtfluss, der Fluss heißt Gera, der Stank.

00:19:50: Und ich bin in Halle Saale damals groß geworden, habe in Halle Saale gelebt.

00:19:53: Die Saale hatte unglaubliche Schaumkronen und sie stank und sie war wirklich eine fließende Giftmülldeponie.

00:20:00: Und das hat die Leute aufgebracht.

00:20:02: Also das war eher die Kritik an solchen, das war auch klug, an solchen Erscheinungsformen.

00:20:08: des realen Sozialismus.

00:20:10: Also ich erinnere mich, um das mal zu beschreiben, was das konkret heißt.

00:20:13: Also ich erinnere mich an eine aufmüpfige Aktion von Freunden, von mir.

00:20:19: Die haben sich eben zum Angeln an der Saale getroffen.

00:20:23: In der Saale lebten natürlich längst keine Fische mehr.

00:20:26: Und die haben ganz bewusst mit dem Besenstiel und dem Strick dran.

00:20:29: Und da war gar kein Haken, kein Futter dran.

00:20:32: Sondern sie haben sozusagen demonstrativ diese Absurdität, dieses toten Flusses vorgeführt.

00:20:37: Und die haben enorme Schwierigkeiten mit der Staatsmacht gekommen.

00:20:40: Wegen dieses Demonstrativen-Auftretens.

00:20:43: Und das war ja, der Staat hat das schon begriffen.

00:20:45: Das war ein Protest gegen die Verschmutzung der Flüsse.

00:20:48: Ein Protest ist ein gutes Stichwort.

00:20:50: Ich wollte nämlich nur einmal kurz erklären, warum wir gerade heute über die DDR sprechen, am siebzehnten Juni.

00:20:56: Denn wir haben es natürlich dabei gedacht, das soll auch mal vorkommen.

00:21:01: Denn am siebzehnten Juni, neunzehnt, dreiundfünfzig, fand eben der Aufstand vom siebzehnten Juni statt.

00:21:10: Auch der war auch Volks- oder Arbeiteraufstand genannt wird.

00:21:13: Und das war eine Welle an Vorkommnissen in der DDR, die zwischen Streiks, Massendemonstrationen und politischen Protesten waren.

00:21:23: Ja, er hatte teilweise mit repressiven Maßnahmen des SED Regimes zu tun und entwickelte sich dann zu einem Flächenbrand, also das eben als Erklärung, warum wir gerade heute zu diesem Datum darüber sprechen.

00:21:42: Genau, jetzt wollte ich aber gar nicht... soweit weggehen, von dem was Andreas gesagt hatte und wollte tatsächlich fragen, welche Rolle die Stasi so gespielt hat im täglichen Leben oder auch wie diese Überwachung das Verhalten der Bürger beeinflusst hat.

00:22:02: Lucy, erinnerst du dich da an etwas?

00:22:04: Also du wirst dir als Besucherin bestimmte Stasiakte gehabt haben, oder?

00:22:09: Nein, das glaube ich nicht.

00:22:12: Also ich auf jeden Fall nicht.

00:22:13: Ich glaube mit achtzehn hatte ich die.

00:22:15: Ich bin tatsächlich später geprüft worden, ob ich bei der Stasi war, weil ich sehr lange als Radiomoderatorin für den RBB gearbeitet habe.

00:22:26: Und da wurden die Enkerleute routinemäßig überprüft.

00:22:29: Und da hab ich dann, weil ich war zu der Zeit mit einem Aussie verheiratet.

00:22:34: Ich hatte sehr schnell nach der Wende einen Aussie kennengelernt, ein Ostberliner.

00:22:39: Und der wurde überprüft.

00:22:42: Und ... Da bekam ich dann raus, dass der bei der Stasi war.

00:22:47: Aber das muss man jetzt dann sagen.

00:22:50: Aber ich hatte, nachdem er mir die Geschichte erzählt hatte, weswegen er, also er hat nie, es gibt keine Akte oder gab keine Akte von ihm, wo irgendwas war.

00:23:02: Also er hat niemanden jemals irgendwie irgendwo angeschwärzt.

00:23:06: Er hat sein Name stand da aber drin, weil ... ihm gedroht worden ist, wenn du nicht mitmachst, dann macht dein bester Freund kein Abitur.

00:23:18: Und dann hat er als Freund, weil er war ein guter Freund, war jetzt nicht der für mich passende Ehemann, aber hat er gesagt, okay, dann unterschreibe ich.

00:23:30: Und er hat aber wirklich tatsächlich nie mehr gemacht, als zu unterschreiben.

00:23:33: Und wie gesagt, mich hat es Ja, hat das ziemlich den Boden unter den Füßen weggezogen, nicht im Sinne von um Himmels Willen, mit wem er nicht da verheiratet, sondern wie, also was für einen Hochmut ist es eben auch, als Wessi zu glauben, ich wüsste etwas vom Leben in der DDR, mit der Freiheit wiedergehen zu können.

00:23:54: Und das fand ich, also ich habe eine andere Geschichte gehabt, meine damalige beste Freundin, die hat ... kurz nach der Wende dann mitbekommen, dass also deren Mann hatte sich, entsetzlicherweise deren Mann hatte sich erhängt, als ihm die Ausreise verweigert worden war in der DDR.

00:24:11: Und sie hat dann mitbekommen, dass ihre damals beste Freundin Stasi Spitzel gewesen war und sich sogar noch damit gebrüstet hat in einem Magazin, was damals auskam.

00:24:25: Das sind Dinge in der Biografie, wo ich mir denke, die sind so hart und jenseits das für mich Vorstellbaren an Schrecken.

00:24:35: dass ich einfach einen Heidenrespekt vor allen Leuten habe, die aufrecht da durchgehen konnten und auch sich dann auch teilweise auch so durchlawieren konnten.

00:24:45: Ich glaube, das, was wir uns immer so vorstellen, auch wirklich als Wessis, die nicht in einem totalitären System aufgewachsen sind, zu sagen, ja, da muss man doch dann unter... Also ich hätte dann bestimmt und so, nee, glaube ich nicht.

00:25:01: Und ich glaube, die wenigsten von uns hätten sich getraut oder hätten dann ihren besten Freund nicht unterstützt, zum Beispiel.

00:25:12: Und das fand ich krass.

00:25:16: Ja, ich wäre wahrscheinlich ganz schnell in Jugendwerkhof gekommen, weil ich als Jugendliche schon viel zu viel gelabert habe über alles.

00:25:25: Um das vielleicht kurz zu erklären, das könnte man als so ein Art sozialistisches Bootcamp bezeichnen, ganz modern.

00:25:32: Da kam eben die schwierigen Jugendlichen hin, aber schwierig hieß dann auch manchmal einfach nur in Geschichte oder in der Schule einfach einen Aufsatz zu schreiben.

00:25:41: Nur finde ich nicht, finde ich blöd, blöde Idee oder so weiter und so fort.

00:25:44: Das reicht schon.

00:25:45: Und da wurden dann die Jugendlichen wie Straftäter behandelt.

00:25:53: Andreas, hast du davon was mitbekommen als damals dann?

00:25:58: Ja, das wäre jetzt ein Wochenfüllendes Programm.

00:26:00: Ich versuche es kurz zu machen und sage vielleicht erstmal eine Zahl.

00:26:06: Es gab also gegen Ende der DDR, gab es etwa so viele inoffizielle Stasi-Mitarbeiter, also was der Volksmann zu Spitzel nennen würde, dass etwa auf neunzig DDR-Bürger ein Spitzel kam.

00:26:22: Das musste ich erst mal klarmachen, was das für Massen sind.

00:26:25: Und andererseits ist natürlich in bestimmten Szenen vor allem in so, ich habe das Wort ja vorhin benutzt, so leicht oppositionellen Kreisen oder Kirchenkreisen oder ähnlichen, weil die Quote natürlich viel höher.

00:26:38: Es gibt ein Bibelsatz, wo zwei oder drei versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen, sagt.

00:26:43: Gott.

00:26:44: Und wir haben immer gefrotzt und haben natürlich gesagt, wo zwei oder drei versammelt sind, ist natürlich die Stasi dabei.

00:26:49: Ich kann das aus meiner Akte nur bestätigen.

00:26:51: Es war immer so.

00:26:53: Es war so.

00:26:54: Und ich will aber vielleicht zur Erklärung sagen, weil das wird oft so falsch verstanden.

00:27:01: Man muss sich klar machen, dass diese ganze Stasi-Geschichte natürlich vor allem sozusagen die inoffiziellen Mitarbeiter, die sind, Oder sehr viele sind erpresst oder gelockt worden mit Angeboten.

00:27:13: Und zwar nicht, wie man heute denkt mit Geld.

00:27:15: Heute denkt, heute reduziert sich ja immer alles auf Geld.

00:27:18: Sondern in meinen, in den Szenen, in denen ich mich bewegt habe, ist man natürlich erpresst worden mit Studienplätzen und mit... ganz netten Jobs, also ganz klar, also völlig naheliegend ist der Fall, also wenn du promovieren willst oder einen Assistentensteller in der Uni haben willst, dann erwarten wir natürlich, dass sie auch mal berichten, über das mit wem sie da beim Mittagessen.

00:27:42: Sie wurden beobachtet, wie sie mit Herrn Meier doch so in einem angeregten Gespräch beim Mittagessen saßen.

00:27:49: Worum ging es denn da?

00:27:51: Und weil es gerade eben gesagt wurde, dass jemand sich verpflichtet hat, hat aber nie was Schlimmes gemacht.

00:27:57: Da hätte ich immer eine Frage zeichnen, vor allem können wir das überhaupt nicht beurteilen, was ist schlimm und was ist nicht schlimm.

00:28:03: Was ist denn schlimm?

00:28:04: Was ist nicht schlimm?

00:28:05: Es geht doch immer um die Verletzung von privaten Dingen.

00:28:09: Das ist eben die Masche des Geheimdienstes.

00:28:12: Es wird sozusagen intime Dinge werden benutzt und werden Herr Andi's Licht gezerrt, um sie gegen jemanden zu benutzen.

00:28:20: Wir haben Fälle, wo gesagt wurde, Frau Sohnso hat ein tolles Verhältnis zu ihren Kindern.

00:28:25: Ein im Prinzip harmloser Satz.

00:28:27: Aber natürlich hat die Stasi da ausgeschlussfeuert.

00:28:30: Wenn wir Frau Sohnso brechen wollen, müssen wir über die Kinder machen.

00:28:34: Und genau das ist eben die Art wie Geheimdienst zu arbeiten, ich sage es zum dritten Mal.

00:28:38: Und das funktioniert jeden Tag in Russland, im weißen Russland, im Iran genauso.

00:28:44: Das ist eben nicht so, die sind doch nicht so blöd, dass die daherkommen und sagen, würden sie sozusagen über den Nachbarn aufschreiben, was der denkt, sondern die kommen natürlich und sagen, richten sie doch mal von dem Nachbarschaftsfest und worüber wurde denn gelacht und was wurde denn besprochen, nachdem das Bier in Reichlich flößt und so.

00:29:09: Also sie kommen zusammen von hinten durch die Brust, also in meinem Fall sei es wie ich.

00:29:13: um es nochmal zu illustrieren.

00:29:15: Ich selber habe mich relativ viel mit religiösen Rangruppen oder sogenannten Sekten beschäftigt, auch schon während meines Studiums.

00:29:22: Da hätte man doch nicht zu mir gesagt, können Sie sich bei den Zeugen Hoas einschleichen und dann über die Zeugen Hoas berichten.

00:29:28: Sondern die hätten, ich bleib beim Konsumtiv, weil ich nichts erlebt habe, Sie hätten zu mir gesagt, können Sie da nicht mal hingehen und schreiben Sie doch mal, worüber die reden und was die so machen oder welche, wo die Ihre Zeitschriften herbeziehen, die waren ja alles Besten.

00:29:42: Und nein, natürlich müssen Sie keine Spitzendienste machen, aber schreiben Sie das doch mal auf.

00:29:47: Und irgendwann, wenn man es zum dritten Mal gemacht hat, dann ist man der Falle.

00:29:50: Dann plötzlich heißt, na ja, wir haben doch bisher so gut zusammengearbeitet.

00:29:54: Und denken Sie mal dran, Ihre Tochter will ja vielleicht auch mal Medizin studieren.

00:29:59: So läuft das.

00:30:02: Ja, danke für die Ausführungen, weil das glaube ich tatsächlich schwer vorstellbar ist, wenn man das nicht erlebt hat, in welchem Ausmaß das auch war.

00:30:10: Da hat mich dein Vortrag nämlich... sehr beeindruckt, weil... Ja, also es ist für mich selbst abstrakt und ich bin ja als Kind aus Polen gekommen, aber darum geht es ja heute nicht und habe da so ein paar Stories natürlich auch mitbekommen, aber was du da erzählt hast, wie...

00:30:24: Ja.

00:30:27: Also vielleicht kannst du ein...

00:30:28: Also das wäre mir... Entschuldigung, ich entschuldige mich, da ist so viel Rede.

00:30:31: Ich habe das schon mal im Schatz gesagt, ich könnte mich abbrechen.

00:30:33: Aber ich glaube, das ist wichtig, dass man das nochmal versteht.

00:30:37: Also... Also... Ich sage mal ein bisschen philosophischer, dass das Böse kommt nicht nur in Form sozusagen des Bösen.

00:30:47: Da sitzt das Böse in der Tür und sagt, kannst du Böses tun und kannst du sozusagen für den russischen Geheimdienst arbeiten und Menschen irgendwo Bomben bauen oder Bomben unter Autos anbauen.

00:30:58: Sondern das Böse kommt oft in der Form der Verführung.

00:31:01: Also das Böse kommt und sagt, Wir wissen nicht so genau, was die da besprechen in dem Literaturkreis.

00:31:08: Aber gerade weil wir es nicht wissen, könnten sie da nicht mal hingehen zu dem Literaturkreis.

00:31:12: Und man wissen die Ohrenspitzen und mal hören und schreiben sie doch mal auf, was da beredet wurde und so.

00:31:18: Und das ist die Falle.

00:31:19: Das ist die Falle.

00:31:23: Es wurde von ja auch die Frage gestellt hier im Chat, ob der Film das Leben der anderen zum Beispiel.

00:31:30: Der ist ja gut recherchiert.

00:31:31: Ich weiß nicht, ob alle wissen, worum es da geht, aber wenn du den gesehen hast... Wie war denn dein persönlicher Eindruck für mich?

00:31:39: Ich finde den sehr stark.

00:31:42: Und ich finde auch diese Serie Weißen See unheimlich stark.

00:31:45: Die hat glaube ich der RBW produziert, wenn ich mich nicht täusche.

00:31:49: Die ist natürlich ein bisschen konstruiert, dass diese Stasi-Leute alle zusammenwohnen und so weiter und so fort, irgendwie muss man es machen.

00:31:55: Aber Weißen See beschreibt vor allem natürlich sozusagen auch ein bisschen dieses... Ja, ich sage nochmal, so dieses Kirchenmilieu in Berlin, in der Zionskirche, wo sie diese Umweltblätter drucken und so.

00:32:07: Also ich glaube, diese Umweltgeschichten spielten eine große Rolle.

00:32:13: Ich zöger ja mit dem Wort Opposition, das ist ja am Grunde keine Opposition gewesen, sondern ich würde bei mir so sagen, das war so der zarte Versuch.

00:32:24: Natürlich sich so eine einfachen Ideologie nicht völlig anzupassen.

00:32:29: Wir haben uns in Bücher aus dem Westen besorgt oder wir haben immer meins diskutiert und Bücher diskutiert.

00:32:35: Und das hat oft schon gereicht.

00:32:38: Ich hatte zum Beispiel ein Lesekreis zu Staatstexten, weg zu der Staatsphilosophie.

00:32:42: Da haben wir sogar Marx gelesen.

00:32:44: Und selbst das war natürlich ein Riesenproblem für dich da.

00:32:47: Sie baumlesen die freiwillig Marx.

00:32:49: geradezu absurd, weil das ja nun Teil der offiziellen Ideologie war.

00:32:53: Aber der totale Staat zeichnet sich eben dadurch aus, dass er alles kontrolliert oder kontrollieren möchte.

00:33:03: Deswegen spielten ja die Kirchen da so eine Rolle, weil das der einzige gesellschaftliche Freiraum war, wo man sich auch ein Stück treffen konnte.

00:33:13: oder wo man überhaupt Räume hatte, sich zu treffen.

00:33:15: Ich will ja gar nicht sagen, dass die frei waren, weil da waren natürlich die Spitze dann natürlich auch wieder.

00:33:19: Aber dort waren eben Räume und es gab sozusagen das Szene der Panker, die es ja auch gaben nachtziger Jahren sehr stark natürlich.

00:33:27: Und auch Leute, denen war das auch egal, ob sie beobachtet werden oder nicht.

00:33:32: Sondern die haben sozusagen ihr Stiefel gemacht.

00:33:36: Lucy.

00:33:37: Was verzeih ich, wenn ich da gerade eingrätsche, weil mir das so aufhebe, was ich so spannend fand.

00:33:43: Ich habe mich gerade an den Wort-Lese-Kreis festgekreilt, weil ich glaube, es gab eine.

00:33:49: Zumindest war das etwas, was ich in meiner Ost-West-Ehe immer so mitbekommen habe.

00:33:56: wo ich fast schon neidisch war, weil ich glaube, da gibt es dann eben auch diese andere Seite, dass es in der DDR etwas gab, also etwas viel zu viel gab, was wir viel zu wenig hatten, also auch in West-Berlin oder was wir heute noch zu wenig hatten.

00:34:09: Also bitte korrigier mich, wenn es falsch ist, ja, so durch die Experte bist du da, aber das war Zeit.

00:34:15: Und ich hatte immer das Gefühl, dass das, also dass das, also allein so was wie so ein Lesekreiseveranstalten oder so, dass du, wenn du Wenn du in den Achtzigern in Westberlin aufgewachsen bist und ich denke, das war jetzt in den Achtzigern in Westdeutschland nicht anders, dann hast du ganz viel Zukunftsängste gehabt, dann wurde dir gesagt, du musst sofort irgendwie, du musst super, super gut sein im Alm und du darfst auf keinen Fall was verpassen.

00:34:39: und du musst sofort und dies und und ich weiß, dass zum Beispiel mein Ex-Mann, der hat eine Zeit lang in so einem ausgebauten Eisenbahnwagen gewohnt und quasi so die Sommer durchdiskutiert und dann haben sie so teilweise so polyamoryse Experimente gemacht und es war so, weil habt ihr das alles gemacht?

00:35:00: Ihr musstet doch irgendwie und also so diese Zukunftsangst, die bei uns existiert hat und die ja, glaube ich, immer noch existiert, das kam mir zumindest so vor.

00:35:11: Die gab es viel weniger eher im Gegenteil.

00:35:13: Es war eher die Angst, dass man außerhalb dieses kleinen Lebens, dieser kleinen Flucht, die du dir gebaut hast, eben gar nichts erlebt, oder?

00:35:22: Ja, ich... Das ist eine sehr schöne Beschreibung.

00:35:25: Ja, das ist das Chorios.

00:35:27: Es gibt ja auch ein Buch, Bohemen in der DDR oder Kunst und Bohemen in der DDR gibt es so ein Buch.

00:35:33: Ja, das ist ein bisschen Chorios.

00:35:34: Man muss nur aufpassen, wie man es deutet.

00:35:36: Also ich würde eben sagen, dass bestimmte Literatur und Lesekreise und Freundschaftskreise, Freundeskreise waren ein Mittel zum Überleben.

00:35:44: Und möglicherweise war das sogar so, wie du es ja schön beschrieben hast.

00:35:48: Das war ein Risseweise sozusagen besser als im Westen bei ihr natürlich auch mehr abwägt.

00:35:52: Ablenkung hattet.

00:35:54: Sobald ich es beobachte, war dir dann ständig in Griechenland oder sonst wo unterwegs.

00:35:59: Mit einem Euro-Ticket in Frankreich, da konnten wir ja alles nicht.

00:36:05: Insofern, nur man darf daraus nicht Schluss vornan, die Tiktatur sei gut.

00:36:08: Sondern man muss nicht daraus Schluss vornan, man kann offensichtlich... Die Repression ist so stark, dass Leute sich dann andere Freiräume suchen.

00:36:19: Vor allem Freundschaft ist ein großer Freiraum bei aller Stadiegeschichte.

00:36:26: Das stimmt schon.

00:36:26: Deswegen sagen ja auch manche, in der DDR war der Zusammenhalt besser.

00:36:30: Ich wäre sehr vorsichtig mit diesen Idealisierungen.

00:36:33: Aber so, wie du es so sehr schön, wie du es gerade beschrieben hast, ist da was dran.

00:36:37: Und vieles von diesen Lesekreisen, die ich kenne, sind alle nach einem Jahrzehnt neunzig zusammengebrochen.

00:36:43: Die treffen sich jetzt nur noch zum Wein trinken und lesen kaum noch Bücher.

00:36:47: Für uns war Bücherlesen zum Teil, das war ein Medium des Überlebens.

00:36:52: Das hat auch etwas damit zu tun gehabt, dass wir manche Bücher eben nur ein Einexemplar hatten und das Gefühl hatten, jemand leidt uns eben Was wäre denn mein Beispiel, was da ist von Wilhelm Reich oder so ein Buch, die es in der DDR halt nicht gab, irgendwelche Exotenbücher.

00:37:06: Die hatten wir eben mal für vierzehn Tage, da haben wir uns gegenseitig vorgelesen.

00:37:10: Heute, wo alles verfügbar ist, hat es ja auch irgendwie kein Wert mehr.

00:37:14: Nur, wie gesagt, das heißt eben nicht im Umkehrschluss, die Diktatur ist intellektuell förderlich, sondern das heißt nur, dass es ein Stückchen so war in dieser seltsamen DDR-Diktatur.

00:37:31: Man könnte sagen, es ist eine Form von Resilienz, die Menschen entwickeln in bestimmten Lebensumständen.

00:37:38: Ich wollte noch was zur Straße sagen.

00:37:41: Vor allem wollte ich auch den Film des Lebens der anderen empfehlen, weil ich finde, der ist sehr eindrücklich.

00:37:46: Ins Andere ist eine Serie.

00:37:48: Ich weiß, aber dieser Film, der ja mit Überlänge, ich finde, der geht sehr in die Tiefe und in viele unterschiedliche Gefühlswelten.

00:37:54: Und vor allen Dingen ist ja die Gefühlswelt der Ambivalenz so stark vorhanden.

00:37:59: Das war auch bei uns so.

00:38:01: Wir hatten eine... Kursine, mein Onkel war nicht in der Partei und die war eine sehr, sehr gute Schülerin und die ist dann Verkäuferin geworden, weil sie eben nicht studieren durfte und weil sie gesagt haben, nein, sie treten nicht in die Partei ein.

00:38:15: Und auf der anderen Seite gab es einen Onkel, der hatte zumindest eine Führungsposition, man wusste es nie so genau, was ihn da war, aber auf jeden Fall war er leitende Kraft und das war eigentlich schon kritisch zu betrachten.

00:38:29: Und es war so, wenn wir telefoniert haben, also ich habe dieses Geräusch noch im Ohr, wenn wir telefoniert haben, sind wir in der Weltscheibe und dann hatten wir eben so ein Tastatur-Telefon und dann kam ein Schellen und dann kam ein Krackklack und dann kam wieder ein Schellen.

00:38:46: Also man hat wirklich, das war noch nicht einmal heimlich, man hat wirklich gehört.

00:38:51: wie sich Zwischen geschaltet wurde und wie dieser Anruf abgehört wurde.

00:38:54: Und ich kann mich erinnern, dass wir immer Sorge hatten, dass irgendetwas, was wir sagen, nicht unverbindlich genug ist oder irgendwie interpretiert werden.

00:39:03: Also man hat sich vorher überlegt, wie man etwas sagt, damit es nicht irgendwie merkwürdig interpretiert werden konnte, was natürlich dazu geführt hat.

00:39:11: dass dann es gar keine natürliche Stimmung mehr war in diesem Telefonat.

00:39:15: Man hat ein bisschen was über die Kinder erzählt oder über die Oma, die übrigens auch total klassischerweise, nachdem dann sie in Rente gegangen ist, dann eben auch zu dem anderen Sohn nach Westdeutschland gezogen ist und auch mit einem Mann.

00:39:29: Aber dieses Gefühl der Ambivalenz zwischen Freude und immer wieder so eine Art von Beklommenheit, das haben wir eigentlich bei allen Kontakten.

00:39:38: erlebt, außer wenn wir dann endlich über der Grenze waren und uns getroffen haben.

00:39:42: Da war da eine große Freude und ist natürlich interpretativ im Nachhinein.

00:39:47: Aber ich denke schon, dass dieses Weinen an der Grenze und dieses also immer so ein bisschen mit den Tränen kämpfen, dass das auch so eine Bewältigungsform der Anspannung war.

00:39:55: Also diese Anspannung, die immer so übereinschwebte.

00:39:59: Vielleicht kommen wir noch dazu, aber dieses Über-die-Grenze-Fragen.

00:40:04: Also das ist gerade gesagt, Lucy, dass man das ja beantragen musste und da hatten wir irgendwie so drei Kinder und da mussten wir irgendwie diesen Antrag stellen und dann gab es dann einen Termin und er wurde dann genehmigt, dann wurden alle Ausweise gecheckt und dann waren wir zu dritt und ich war die Jüngste und wir hatten so einen alten Zweihunderttermizide.

00:40:25: Ich glaube, die kennt man so aus den Achtziger, da gab es ganz viele von und wir hatten keine Anschnallpflicht.

00:40:31: Und dann sollte ich mich immer schlafend legen auf den Schoß meiner Schwester, weil mein Vater damit spekuliert hat und auch meine Mutter, dass dann irgendwie so ein niedliches, kleines, halbschlafendes Kind irgendwie die Leute so berühren würde, dass sie uns nicht auseinandernehmen.

00:40:47: Das hieß auseinandernehmen.

00:40:48: Kennt ihr den Begriff noch?

00:40:49: An der Grenze auseinandergenommen werden?

00:40:51: Ja.

00:40:52: Und dann lief es dann immer, Rutchen, du musst schlafen.

00:40:57: Also alle waren super angestrengt und ich sollte dann schlafen.

00:41:00: Und dann habe ich immer gesagt, oh Gott, oh Gott, ich kriege die Augen nicht so.

00:41:03: Und wie mache ich das?

00:41:03: Dann habe ich mich dann so rumgelegt, dass ich Richtung Bauch meiner Schwester und nicht in die andere Richtung, weil ich mich gar nicht ... Es war Wahnsinn.

00:41:10: Und eine meiner Schwestern, die war sehr homophalliert, dann eher mit zur Übersprungssituation, die hat angefangen, Witze zu machen.

00:41:17: Und dann kippte aber auch die Stimmung im Auto.

00:41:19: Es war eine Riesensache, über die Grenze zu kommen.

00:41:23: Und wenn ich es nochmal anfügen darf, eine Situation war dann tatsächlich so, dass sie uns rausgewunken haben.

00:41:29: Selten.

00:41:30: Einmal sind wir rausgewunken worden.

00:41:33: Und dann haben sie dieses Auto auseinander, also die Radkappen ab und den Kofferraum auf und den Innenraumsersatz reifen.

00:41:39: Und man hatte wirklich Angst.

00:41:42: Also Angst, wie lange steht man da?

00:41:44: Und dann natürlich mit drei Kindern.

00:41:45: Da waren die Eltern auch ein bisschen angespannt.

00:41:47: Und dann gab es eine durchgehende Bank bei diesem alten Mercedes, die konnte man mit so einer Schlaufe hochziehen, also nicht so einsitzt, sondern diese ganze Rückbahn konnte man hochziehen.

00:41:57: Und da war ein Haustierschlüssel drin.

00:41:59: Meine Mutter hatte den gesucht und sagte dann richtig gebrüllt, da ist ja der Haustierschlüssel.

00:42:05: Und dann merkt es, wurde es dieser Grenzbeamte, dann gedacht hat, okay, das ist überhaupt gar nicht gespielt und die werden nix versteckt haben, so tette sich die Frau.

00:42:13: Und dann hat er wirklich gesagt, das Mensch hatte dann so, dann sagt er, ja, ist gut, fahren sie weiter.

00:42:18: Und dann wurde man dann stehen gelassen, also jetzt mal für die... Ich hab das gerade gesagt, Lydia, für die Leute, die sich nicht so mit Geschichten wie es war auskennen, dann wurde man dann stehen gelassen und hat sein Auto selber zusammengebaut.

00:42:30: Samt diesen drei Kindern, die da irgendwie am Rand standen und war froh, dass man durchgekommen ist und nicht irgendwie vielleicht darüber nachten oder was auch immer wollte.

00:42:38: Genau.

00:42:39: Es gab auch Leute, die sind dann länger ... länger im DDR-Knast verschwunden, wenn irgendwas dabei war.

00:42:46: Also es gab tatsächlich auch aus dem Freundeskreis meines Bruders jemanden, der es über mehrere Jahre dann verschwunden, weil er ganz offensichtlich was Falsches dabei hatte und der musste dann freigekauft werden von der damaligen Bundesrepublik.

00:43:03: Aber ich fand es wahnsinnig faszinierend letzten Endes, wenn du aus Westberlin warst, wie normal.

00:43:11: diese Grenze war.

00:43:13: Also für mich als Kind, wir hatten einen Ritual, also weil es war so, dass meine, wie gesagt, der Vater kam aus Magdeburg, der ist auch ganz kurz nach dem Mauerbau rüber, dann wirklich so

00:43:23: über die Minenfelder

00:43:25: irgendwie, und hat es noch geschafft mit meinem Großvater.

00:43:30: Und der sehnte sich immer nach Magdeburg, weil er da im Domkohr gesungen hat.

00:43:35: Und das gab, wenn wir, und meine Oma wohnte in Hannover, und wir sind dann immer mit dem Zug Gefahren, also von Berlin nach Hannover.

00:43:43: Und da gab es immer das Ritual, dass es den Magdeburger Dom gab.

00:43:47: Den konnte man vom Zug aus sehen.

00:43:49: Da kam da immer Mama, die sagte, guckt mal, da hat der Papa im Domkorb gesungen.

00:43:54: Und dann kam die Selbstschussanlagen.

00:43:57: Und ich wusste als Kind, wenn die Selbstschussanlagen

00:43:59: kommen,

00:44:00: dann ist es nicht mehr weit bis zu Oma.

00:44:03: Und allein

00:44:04: wenn du dir diese Perversion vorstellst, dass du sagst, du hast als Kind Für mich waren die Selbstschussanlagen total schön, weil ich wusste, Oma ist gleich da.

00:44:15: Wir sind gleich bei Oma.

00:44:17: Allein dieses Wissen zu sagen, du bist in diesem zweigeteiten Staat, hatte das eine Normalität.

00:44:26: Für mich war auch als Kind diese Berliner Mama.

00:44:30: Das hatte eher ... Eher wurde der Himmel plötzlich gelb oder so, als das diese Mauer weg war.

00:44:37: Das hatte was Komplettabsolutes.

00:44:41: Ich selbst hab den neunten November verschlafen nach einem richtig beschissenen Film.

00:44:45: Am nächsten Morgen kamen Leute in die Klasse und sagten, ich bin durchs Brandenburger Tor gelaufen.

00:44:49: Für mich war für mich ein ... Wie gesagt, das war so wie über Wasser gehen.

00:44:55: Das gab es nicht.

00:44:57: Und wie gesagt, diese Perversion, dieser Grenze an sich, wie sehr wir das normalisiert haben, wo ich mir dann immer denke, was wäre denn gewesen, wenn wir alle einfach gelaufen wären, wenn wir alle einfach und das Menschen sowas nicht tun, das will mir bis heute noch nicht im Kopf.

00:45:12: Ja, so heute ist das so ein Schritt über diesen, von einem Brotstein zum anderen, wo dann früher mal die Grenze war in Berlin.

00:45:24: Ja, wo teilweise ja noch so ein paar andersfarbige Steine dann liegen, weil man dann weiß, da war sie, aber Mittlerweile kann man einfach drüber gehen.

00:45:32: Und das hat natürlich auch so einen Grund.

00:45:35: Einerseits, also aus meiner Interpretationssicht jetzt einfach mal, dass es einerseits die Bevölkerung natürlich Mürbe gemacht wurde, wie Andreas schon sagte, mit der Stasi, mit so... Ja, mit diesem Geheimdienst einfach dahinter.

00:45:54: Und auf der anderen Seite war die Niederschlagung dieses Volksaufstandes am siebzehnten Juni eher auch echt gewaltsam.

00:46:02: Also, da sind nicht nur etliche Menschen getötet worden, sondern auch mehrere Tausend Unschuldige in Gefängnisse gewandert in der DDR.

00:46:15: Und dadurch wurde dann ... In der Bundesrepublik am siebzehnten Juni tatsächlich auf der Tag der Deutschen Einheit gefeiert, der erst in den Neunzig dann nicht mehr dann gefeiert wurde, sondern da dann irgendwann ab dem dritten Oktober.

00:46:29: Also auch das hat natürlich den Grund, warum wir dann heute darüber sprechen.

00:46:35: Aber ich würde gerne noch mal was sagen, das Ganze noch komplizierter zu machen.

00:46:40: Ja gerne.

00:46:41: Vielleicht erlaubst du das.

00:46:45: Zwei Dinge, der erst mal was weniger kompliziert ist, noch mal zu dem, was Lucy gesagt hat, fand das sehr schön beschrieben.

00:46:52: Wenn man sich mal klarmacht, was sie so schön beschrieben hat, wie normal das alles wird, wie normal so eine Grenze wird, also wie man sich gewöhnt.

00:47:00: Und ich glaube, das ist wichtig, wenn man auch an andere politische Situationen denkt, wenn man an die dramatische Lage von Frauen im Iran denkt, diese Diskussion über das Kopftuch, dass so was normal wird.

00:47:12: Das muss man einfach mal verstehen, dass das so ist.

00:47:14: Und das Unrecht wird normal.

00:47:17: Also das war ja auch im Dritten Reich so.

00:47:20: Die Leute haben ja auch gesehen, die die russischen Kriegsgefangenen durch die Straßen getrieben haben.

00:47:24: Also sie haben es gesehen und sie haben es nicht sehen wollen und haben vielleicht auch gewusst, dass sie dass sie nicht tun können.

00:47:31: Das ist das eigentlich.

00:47:32: Ich würde aber gerne zu dem siebzehnten Juni nochmal einen Beitrag zur Verkomplizierung machen.

00:47:37: Denn man kann ja sagen, na klar, am siebzehnten Juni haben die russischen Panzer in Ostberlin und in anderen ostdeutschen Städten den Volksaufstand niedergewalzt, wie sie in den Budapest, den Aufstand, niedergewalzt haben und in der Nacht zum zweinzehntesten August in Prag, den Prag auf Rülling niedergewalzt haben.

00:47:56: Also es gibt ja am zwanzigsten Jahrhundert die Geschichte der russischen Panzer, die in Mitteleuropa, die Volksaufstände in Niederwalzen.

00:48:05: Und das Verrückte ist, und gerade da, wo das passiert ist, der siebzehnte Juni, da ist die Begeisterung für Putins Russland im Augenblick am höchsten.

00:48:15: Also so hoch, das habe ich heute gerade gelesen, glaube ich, Rott Stuart in Leipzig ausgegut wurde, als er Faktputin gerufen hat.

00:48:25: Also das sind ja die Sachen, die man dann auch so schwer zusammenkriegt, also dass wir offensichtlich in Ostdeutschland, wir haben einerseits diese starke Begeisterung für die AfD, also für eine totalitäre Partei, ihre dritte Welt, eine autoritäre, totalitäre Partei und findet es lustig, dann immer zu sagen, es ist ja heute wie in der DDR, was ein gefährlicher Vergleich ist, es ist nämlich nicht wie in der DDR und andererseits sozusagen diese seltsame Putin Freundlichkeit.

00:49:00: Ich habe ja jetzt keine schnelle Erklärung dafür, aber ich will nur sagen, wir hängen drin.

00:49:07: Einerseits ist die DDR vergangen, aber Putin war ein Mann des russischen Geilen, dieses KGB.

00:49:12: Putin hatte einen Ausweis des DDR, des Ministeriums zur Staatssicherheit der DDR in Dresden.

00:49:21: Er hatte einen Zugang zur Dresdner Dienststelle der Stasi.

00:49:24: Also im weiteren Sinne könnte man sagen, Putin ist ein Stasi-Mann.

00:49:29: Und diese Mächtigen, die er in Moskau etabliert hat, sind seine Gefolgsleute, zum Teil die Leute, mit denen ein Dresden gearbeitet hat.

00:49:37: Diese ganze Geschichte, die wir reden, die ist einerseits weit weg, aber die ist andererseits verdammt nah.

00:49:43: Und das würde ich gerne sagen, ohne da jetzt schnelle Lösungen zu haben.

00:49:47: Ich verstehe auch Menschen, die unzufrieden sind mit vielen Dingen und so, und so ein bisschen pflapsig.

00:49:53: Die sagt auch manchmal pflapsig, das ist wie in der DDR.

00:49:56: Aber eigentlich... tut es mir weh im Herzen, weil es ist nicht wie natürlich.

00:50:02: Ja, mich hat auch dieses, ich denne es mal, schwarz-blaue Wahlergebnis, was auch wirklich in West und Ost einzuteilen war, im weiten Teil von der Europawahl jetzt.

00:50:13: Da habe ich mich schon gefragt, sind das alles Langzeitfolgen?

00:50:17: Also geht jetzt genau in die Richtungen, die du gesagt hast, Andreas.

00:50:22: Ja, das könnte ich mir durchaus vorstellen.

00:50:25: Bernd, wie siehst du das denn?

00:50:26: Stumpfeln Bernd.

00:50:30: Ach, du liegert.

00:50:32: Über Politik möchte ich nicht reden, sorry.

00:50:34: Dafür gibt es hier Berufe von der Leute.

00:50:37: Was ich sagen kann, gut, mit Ruth habe ich ja kurz beim BTF-Druhr gefochen, ich besitze einen Originalautogramm von Nastasja Kinski.

00:50:46: Aber nicht nur, Andreas, kleine Quizfrage an dich.

00:50:50: Wer ist das?

00:50:55: Ich sehe das sehr ansprachlich.

00:50:56: Jetzt

00:50:56: sieht man

00:50:58: es besser, ja.

00:50:59: Ich ahne, wen du meinen könntest

00:51:01: und leige

00:51:02: dazu, mich auf diese Falle nicht einzulassen.

00:51:05: Ist das Jürgen Sparwasser?

00:51:08: Jürgen stimmt, aber Jürgen Gräu.

00:51:11: Aber Andreas hat fliegt vollkommen richtig.

00:51:16: Es hat tatsächlich was mit diesem berühmten WM-Spiel in der WM in Deutschland zum ersten Mal die DDR gegen Deutschland Fußball gespielt.

00:51:26: Der Mann, den Andreas jetzt genannt hat, Jürgen Sparwasser, hat dann in der siebzigsten Minute Design zu Null für DDR geschossen und dabei blieb es dann auch, was natürlich eine Sensation war damals.

00:51:38: Und dem Tor bei der DDR stand eben dieser Mann, auch Jürgen, aber Jürgen Kreu, das war der Nationaltorhüter der DDR bei diesem Spiel.

00:51:46: Und ich war in der DDR, also wir waren oft drüben auf Verwandtenbesuch.

00:51:53: Und der Junge, bei dem ich zu Gast war, hat dann irgendwann abends gesagt, der wohnt hier in Zwickau, der wohnt hier in Zwickau, wir klingeln mal bei dem, ob er da ist.

00:52:01: Und ich dachte so, wenn das jetzt in München jemand sagen würde, komm, wir klingeln mal bei Beckenbauer oder so und gucken mal, ob der da ist, hätte ich jetzt gesagt, nee, komm, lass mal.

00:52:11: Das war irgendwie ganz normal, wir sind dann da abends hingefahren, da hatten sehr schönes, also für DDR-Verhältnisse offenbar ein sehr schönes Anwesen gehabt, wir haben da geklingelt, da kam noch sofort draußen, ich habe gesagt, ich bin aus dem Westen aus der Puppen, ich hätte gerne ein Autogramm, ich habe das Spiel damals im Fernsehen gesehen und dann hat er mir tatsächlich, kann man persönlich raus, und hat mir diese Karte gegeben.

00:52:33: Und wie gesagt, das war nix, da war ich zum letzten mal vor der Wende drüben und um jetzt vielleicht langsam mal aufs Ende zu kommen, sowohl dieser Sendung als auch der DDR.

00:52:49: Ich habe zwei Sachen in Erinnerung.

00:52:51: Wir waren bei Verwandten, die absolut nichts mit Politik, deshalb habe ich das eben extra gesagt, mit Politikpartei oder irgendwas zu tun haben.

00:53:00: Jedenfalls wusste ich nichts davon.

00:53:02: Also das, was wir sehen konnten, waren die völlig ganz normale Unpolitiker, wie Andreas sagte, angepasste im besten Sinne DDR-Bürger.

00:53:11: Und trotzdem gab es so im erweiterten Umfeld, gab es so ein paar Leute, die anscheinend auch so relativ überzeugte, keine Ahnung, Parteigänger oder was waren.

00:53:20: Ich habe das ja mit sechzehn nicht so richtig geblickt, was da los ist.

00:53:23: Ich war nur überrascht, dass da dann tatsächlich ein paar Leute dabei waren, die so... die uns da wirklich mich und meinen Eltern so ganz ernsthaft vollgelabert haben.

00:53:32: Nein, die Jugend findet den Sozialismus ganz toll.

00:53:35: Das ist alles richtig, was wir hier machen.

00:53:37: Nur sie wollen es anders haben.

00:53:39: Wir brauchen sicher, brauchen wir mal irgendwann so was wie Reisefreiheit.

00:53:42: Das geht natürlich so nicht weiter.

00:53:44: Aber in Großen und Ganzen finden die Jugendliche das alles ganz prima hier.

00:53:49: Und ich habe mit meinen Kumpels, wo wir zu Besuch waren, den ganzen Tag draußen Fußball gespielt.

00:53:54: Genau, weil Andreas sagt ja eben, die Alltagsgestaltung war genau diese wie bei uns.

00:53:58: Die kamen aus der Schule und dann sind wir zum Fußballspinning gegangen bis abends und ich war bei allem dabei, was die so gemacht haben und wusste natürlich, was die denken und die haben das alles gehasst.

00:54:09: Die haben das gehasst bis zum letzten Winkel, alles was mit der DDR zu tun hatte.

00:54:14: Ruth und Lucy haben eben die Grenzkontrollen erwähnt.

00:54:18: Ja, kannte ich auch.

00:54:20: Aber ganz so schlau wie die Grenzartaten waren sie dann doch nicht.

00:54:24: Ich habe in der Tat es genauso gemacht wie Ruth mit dem Schlafen eben.

00:54:27: Ich habe auch drauf, ich habe meinen Eltern nichts davon gesagt.

00:54:30: Die wussten das nicht.

00:54:31: Ich bin jetzt eben erschrocken, als Lucy sagte, da sind auch Leute kommen für sowas auch gerne mal ins Gefängnis.

00:54:36: Das wusste ich damals natürlich nicht.

00:54:39: Also ich hatte unter meinen Klamotten, am ganzen Körper hatte ich KISS-Poste aus der Bravo Musik-Kassetten, Musikzeitschriften, die hatte ich mir unter die Kleider an den Körper geklebt und die haben eine Leibis, also das stimmt, was Ruth eben gesagt hat, die haben das Auto komplett auseinander genommen, ob da sich unten drunter jemand festhält oder im Kofferraum, aber sie haben keine Leibis-Visitation gemacht.

00:55:02: Also sie haben die Sachen nie gefunden, die ich damit reingeschleppt habe.

00:55:08: Und daher wusste ich, was die Jugendliche da über diese DDR-Scheiße denken.

00:55:14: Und ich habe gewusst, dass diese komischen Funktionäre dann nur Blödsinn erzählen.

00:55:19: Das war der eine Punkt.

00:55:20: Der andere Punkt war dann nach der Wende.

00:55:22: Wir waren, wie gesagt, Andreas, in Zwickau.

00:55:25: Das ist also tiefste Sachsen.

00:55:27: Also wir reden nicht von Ostberlin oder sowas, sondern weit, weit weg.

00:55:31: Ich habe mich dann nur gewundert, als nach der Wende so langsam klar wurde, nee, das wird ein bisschen teurer, wie kurz berühmte Portokasse von wegen.

00:55:41: Und dann ernsthaft, Politiker völlig verwundert waren und gesagt haben, ja, also... Wir haben hier nie damit gerechnet, dass die DDR in so einem schlechten Zustand ist.

00:55:51: Das haben wir nicht geahnt.

00:55:52: Wir haben gedacht, die DDR gehört doch zu den zehn größten Industrienationen.

00:55:57: Ja klar, gehörten die zu den zehn größten Industrienationen, weil sie die Statistiken gefällt haben, bis zum Geht nicht mehr.

00:56:02: Jeder Staubsauger war in der DDR ein Haushaltsroboter und kam auch so in der Statistik vor.

00:56:08: Deshalb war das eine große Industrienation.

00:56:11: Tatsächlich war das Land komplett pleite und das war ja auch einer, der vielleicht sogar der entscheidende Weise nicht Andreas, einer der Gründe war, warum die DDR und der ganze Ostbruch zusammen... gebrochen ist.

00:56:22: Die hatten keine Kohle mehr.

00:56:24: Die wussten, dass sie nicht mehr wie sie irgendwas bezahlen wollen.

00:56:27: Die Zinsen haben die aufgefressen.

00:56:28: Die hatten kein Geld mehr, um das wo es Andreas eben oder Lucie mit den Ananasdosen in Schaufenstern erzählt hat.

00:56:35: Ja.

00:56:35: Das war nicht Ananasdosen.

00:56:38: Sauerkraut.

00:56:38: Sauerkrautdosen.

00:56:39: Sauerkraut und rot und nicht Ananas

00:56:42: und Lucie.

00:56:43: Ananas wäre richtig gewesen.

00:56:44: Zu Sachen

00:56:45: hat man halt ins Schaufenster gestellt.

00:56:48: Genau.

00:56:48: Das hat ja alles Geld gekostet.

00:56:49: Man musste das Zeug ja irgendwo herkriegen.

00:56:51: DDR kam auf die Idee, die haben Cheenshosen in Syrien gekauft, für mehrere Millionen, damit sie was ins Schaufenster legen konnten, damit die Bevölkerung nicht mal viel früher den Aufstand gemacht hat.

00:57:06: Das hat alles Unmengel Geld gekostet.

00:57:08: Die Grenzkontrollen haben Unmengel Geld gekostet, diese Mauer zu bauen und alles.

00:57:12: Und den ging schlicht die Kohle aus.

00:57:13: Und deshalb ist diese ganze Geschichte dann Ende der Achtziger abgerauscht.

00:57:17: Und ich war dann und ich habe neunster zwei in Achtzig sehen, wie es in Zwickau, in Planets, in Sachsen aussieht auf der Fahrt da hin und wieder zurück.

00:57:25: Und ich war echt völlig überrascht.

00:57:27: Wie gesagt, die Verblendung, die ich da wahrgenommen habe auf beiden Seiten.

00:57:31: Ich habe das nicht verstanden, wie diese DDR-Funktionäre so verblendet sein konnten, dass die ernsthaft gedacht haben, das geht noch Jahrzehnte gut.

00:57:39: Und nach der Wende war ich ernsthaft überrascht von unseren Politikern, die ernsthaft verplüft waren, dass die DDR in so einem scheiß Zustand ist, wie sie es niemals erwartet hatten.

00:57:47: Ich habe gedacht, sag mal, wofür bezahlt ihr eure ... Ich war sechzehn.

00:57:52: Und habe in Zwickau gesehen, was da los ist, was machen eure Geheimdienste denn den ganzen Tag, ihr Spinner?

00:57:57: Also das waren von irgendwie seltsamen Erfahrungen.

00:57:59: Aber Andreas, du willst mir unbedingt widersprechen?

00:58:02: Nein, nein, nein, nein.

00:58:03: Ich will das nur illustrieren und sagen.

00:58:06: Wir haben das doch auch gesagt.

00:58:08: Du redest über Politiker.

00:58:10: In Bonn gab es einen Ministerium von innerdeutschen Beziehungen, die müssen geschlafen haben.

00:58:16: Ja, genau.

00:58:17: Das ist ja gerade zu gestürzen.

00:58:19: parties, ja.

00:58:20: Aber ich wollte dich noch nachträglich Kostüm sozusagen einladen mit den Musikkassetten.

00:58:24: Da hätte ich mich auch gefreut mit deinen Musikkassetten am Leib.

00:58:28: Und ich wollte eine Geschichte, die du erzählt hast, illustrieren, weil ich glaube, es ist ja ganz interessant, diese Geschichten zu illustrieren.

00:58:35: Du hast erzählt von diesen Leuten, die dann gesagt die Jugend würde die DDR gut finden und nur so mit dem Geld.

00:58:40: das müsste immer sein, dass man nach Mallorca kann.

00:58:43: Das ist ja so eine typische Verblendung, die es in der DDR viel gab.

00:58:47: Das Problem war, genau das war ja nicht lösbar.

00:58:49: Also in dem Moment, in dem wir Westgeld gehabt hätten, also freikonvertierbare Währung, wäre ja diese seltsame Binnenwirtschaft zusammengebrochen.

00:58:58: Das will ich noch mal sagen.

00:59:00: Deswegen musste die DDR ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja, ja.

00:59:15: Bestimmte Linke in der DDR, und ich muss zu meiner Schande gestehen, ich gehöre da auch dazu, wir wollten ja ursprünglich gar nicht unbedingt eine Wiedervereinigung.

00:59:23: Wir wollten diese blöde DDR-Los sein.

00:59:26: Wiedervereinigung oder nicht, das war eigentlich überhaupt nicht so unser Thema.

00:59:30: Ich wollte dann eine Wiedervereinigung, das war eher so Januar, Februar, neunzehntneunzig, weil ich die Sorge hatte, dass die DDR-Funktionäre das Rad der Geschichte zurückdrehen.

00:59:41: Es gab verschiedene Hinweise, dass sie wieder mithilfe der Moskauer Panzer sozusagen die Mauer wieder zumachen und das zurückdrehen.

00:59:51: Und um das zu verhindern, also so seltsam es ging, würde ich heute sogar sagen, damals habe ich gedacht, dann lieber die Wiedervereinigung, als dass sie das zurückdrehen.

01:00:00: Wir haben die sozusagen in Kauf genommen und dann kippte das ja relativ schnell, da waren die schwarz-golden Fahnen, da waren ja so... Also, ich sage es mal über mich selber, wir waren nicht so ganz begeistert mit der Wiedervereinigung.

01:00:15: Dass ich heute sagen würde, das ist das größte Glück meines Lebens, das kann ich heute sagen.

01:00:19: Ich war auch irgendwie blöd, komme immer aus einer Diktatur, war im Hochfluss begrenzt.

01:00:23: in meinem Wahrnehmung, dass wir auch nach meinem Thema über das man reden könnte, ist vorhin angedeutet worden, spät folgende Diktatur.

01:00:31: Aber das ist ein hochinteressantes Thema.

01:00:33: Natürlich die Frage, hat das nicht... führt das nicht doch zu irgendwelchen Konsequenzen.

01:00:41: Das wissen wir, das ist doch alles auch nicht richtig aufgearbeitet, auch natürlich die andere deutsche Diktatur.

01:00:46: Also man müsste noch viel genauer über solche Dinge reden, aber unsere Zeit ist hier ja begrenzt und wir haben ja erst mal was getan und ich finde es erstmal toll, dass wir uns auch ein bisschen anekdotisch dem angenehren haben, weil da wird es glaube ich sichtbarer.

01:00:58: Vielleicht noch eine Sekunde, bevor Lucy sich gemeldet hat, weil ich unmittelbar noch was zu Lucy sagen wollte, weil, wie gesagt, mit dieser Schmucke Leider, mit den Kassetten und den Kiss-Postern unter dem Kleid.

01:01:08: Mir ist das tatsächlich dann erst Lucy bewusst geworden, genau bei dem, was du eben geschildert hast.

01:01:12: Wir hatten natürlich Lebensmittel dabei, also Schokolade, Kistenweiß und Obst und alles.

01:01:19: Und wir hatten ernsthaft Bananen dabei.

01:01:21: Und die waren natürlich in dem Geschäft, wo wir die gekauft haben, waren die in Zeitungspapier eingewickelt.

01:01:29: Und die haben das im Kofferraum gesehen, haben die Bananen ausgepackt und haben meinen Vater die Zeitung unter die Nase gehalten und haben gefragt, was ist denn das hier, was sollen das?

01:01:38: Also wir durften nicht mal ein westliches Printprodukt, eine Zeitung mit in die DDR nehmen, wo die Bananen drin eingewickelt waren.

01:01:46: Das haben die sofort eingezogen und entsorgt und da hatten wir noch Glück, dass sie uns nicht noch mehr unterstellt haben, was wir da treiben wollten.

01:01:58: was ich noch sagen wollte, auch zu dem, was danach kam zum Thema, wir hätten zum Thema Wiedervereinigung oder nicht.

01:02:08: Zumindest in Westberlin haben wir das damals ganz genauso gesehen, weil wir eben auch natürlich, wir haben Also wir haben gesehen, in was für einen maroden Zustand allein die Bausubstanz schon in Ostberlin war.

01:02:24: Und Ostberlin war ja noch so die Speerspitze.

01:02:27: Und ich glaube aber, dass es auch da wieder wahnsinnig vielschichtig ist.

01:02:32: Und deswegen, ich denke, dass auch das, was du auch sagst, dass das aufgearbeitet gehört, dass es ganz viele Gründe gab.

01:02:38: Es gibt ja auch immer noch dieses Narrativ von, der Westen hat die DDR gekauft, dann am Ende, oder hat sich die Einfahrt... und ich kann mich sehr gut an Demonstrationen erinnern, die eben genau darum gingen von, also wieder vor einigen oder nicht, da gab es große Demonstrationen in Ostberlin mit Schildern, also von Ostberlinern, die Schilder hochhielten, die hießen, kommt die D-Mark, bleiben wir, kommt sie nicht, gehen wir zu ihr.

01:03:06: Und das, also das... Und natürlich gab es auf der anderen Seite dann wieder die unsägliche Treuhand und alles, was damit zusammenging, wo dann wirklich wahnsinnig wertvolle Dinge für einen Appel und ein Eibern Tisch gegangen sind und wo dann die windigsten Arschlöcher aus dem Westen dann die Leute in der DDR beschissen haben.

01:03:29: Und ich glaube aber, dass genau diese Dinge vielleicht jetzt nach dann doch ein paar Jahrzehnten aufgearbeitet werden können, ohne dass das eine oder das andere verklärt wird.

01:03:40: Das sind ja genauso auch diese Sichtweisen.

01:03:42: Auch das, was du sachte, von wegen, ihr seid dann bestimmt die ganze Zeit Interrail gefahren.

01:03:47: Ich wäre froh gewesen, wenn ich mir eine Interrail-Ticket hätte leisten können.

01:03:50: Ich war irgendwie, ich bin mit sechzehn von zu Hause aus dem gewalttätigen Elternhaus ausgezogen und war froh, weil ich was zu fressen hatte.

01:03:56: Und also, das ist wieder so eine, also diese Verklärung, glaube ich, auch von Ostseite, dass im Westen dieser Überfluss da war, den wir ja als Wessis auch genährt haben.

01:04:06: dadurch, Also ich erinnere mich zum Beispiel, ich war dann irgendwann, bin ich dann alleine später nach Ostberlin auch gefahren und da gab es dann, und da kannten wir dann Leute, das wurde dann alles ganz... meistens eingefädelt mit ausländischen Leuten.

01:04:24: Also zum Beispiel als Brite durftest du einfach so rüber, ohne Anmeldung, weil du ja zu den alliierten Mächten gehört hast.

01:04:31: Und dann haben wir immer über einen englischen Freund von uns, haben wir dann immer Sachen, also auch Nachrichten rüber geschmuggelt und so.

01:04:38: Und da wurden dann riesen ellenlange Listen geschrieben von Gütern.

01:04:43: Also keine Ahnung, von Haarfarbemittel zum Beispiel.

01:04:45: Es war extrem begehrt oder von bestimmten Kosmetika.

01:04:50: Das war alles zeugt, was wir uns selber gar nicht geleistet haben.

01:04:54: Und da waren wir aber dann als Wessis auch viel zu schar, mich zu sagen, ey, ich kann das nicht bezahlen.

01:05:01: Sondern weil du eben auch wusstest zu sagen, man, ey, die haben da gar nicht, wir müssen das machen.

01:05:06: Und ich glaube, so sind dann gegenseitig so die... auch furchtbar die Missverständnisse genährt worden, alleine durch so ein Scheiß.

01:05:12: Also genau das, was du auch erzählt bernst, du bist halt mit einem Sack voller Sachen dahin gefahren, weil du dachtest, ihr habt ja nix, wir hatten ja nichts, der berühmte Spruch.

01:05:24: Und letzten Endes, dass das eben im Westen ganz viele Leute auch nichts hatten.

01:05:28: Das waren nicht nur Propaganda der DDR-Regierung, sondern es war einfach so.

01:05:33: Ja, die Geschichte mit dem... Konsum ja also ich hab nach Gott eine.

01:05:42: Also, was tatsächlich sehr günstig war, Andreas, glaube ich, waren Grundnahrungsmittel.

01:05:48: Also, ich weiß, wir sind mittags irgendwie mal, da bin ich nur mit meinen Eltern, da wollten wir uns Ruhe haben, sind zu Pazierengang.

01:05:54: Wir kamen wirklich ernsthaft an einen Enten-Teich.

01:05:57: Mein Vater kam auf die Enten-Suppe dann und hat mir eine Mark, also eine Ostmark, eine DDR-Mark in die Hand gedrückt und hat, guck mal, da hinten ist eine Bäckerei, hol mal für eine Markbrötchen.

01:06:08: Und ich kam zurück mit so einer Tüte voll, weil so ein Brötchen fünf Fennig gekostet hat.

01:06:13: Und das waren dann für die Markasse zwanzig Brötchen bekommen.

01:06:16: Die Enten träumen heute noch von uns.

01:06:18: Also das war halt günstig.

01:06:21: Aber es gab ja Zwangsumtausch.

01:06:24: Das weiß vielleicht auch nicht jeder.

01:06:25: Also wenn wir in die DDR fahren wollten, die.

01:06:29: Wir brauchten ja die Wiesen und da kamen sie auf die Idee, jeder Westbesucher, der in die DDR fährt, muss pro Person und Tag twenty-fünf Mark umtauschen.

01:06:38: Das heißt, wir haben für twenty-fünf Westmark, haben wir twenty-fünf Ostmark bekommen, standen dann in der DDR mit, keine Ahnung, fünfhundert Mark in der Tasche und sagten, keine Ahnung, was wir damit machen sollen, weil es gab ja nichts.

01:06:51: Aber

01:06:52: das,

01:06:56: was Lucy jetzt sagt, es gab ja nicht, stimmt so auch nicht, weil ich erinnere mich dann, was es, was es tatsächlich gab und wofür ich dann das ganze Geld ausgegeben habe.

01:07:04: Das waren tatsächlich Bücher, also so Technik Sachen, so Lexika, ich bin da.

01:07:10: Bergeweise mit Büchern heimgekommen, so was über Weltraum und Technik und unsere Erde und so ein Gramm.

01:07:18: Meinem Chemielehrer habe ich Reagenzgläser, Hunderte mitgebracht, weil man die auch nachgeschmissen bekommen hat.

01:07:24: Also so Sachen gab es ja schon.

01:07:25: Es gab nicht nix, aber es gab halt nicht das, was wir so im Westen als Konsum bezeichnen würden.

01:07:32: Und das, was die anderen, was die Leute, die in der DDR lebten, eben brauchten, wenn du mit Reagenz besagen kannst, die halt nicht die Haare färben.

01:07:42: Kein guten

01:07:43: Kaffee kochen.

01:07:44: Ich glaube, das ist die...

01:07:45: Ja genau, das ist ein schöner Satz gewesen.

01:07:49: Das ist ja alles richtig, was ihr sagt, aber man muss es natürlich ein bisschen relativieren, sozusagen.

01:07:54: Das mit den Brötchen ist auch so eine typische DDR-Geschichte, die ja die Wahrheit, was Bern sagt, ist ja völlig richtig.

01:08:01: Nur es war ein Teil der DDR-Ideologie, eben sozusagen Grundnausmitteln müssen günstig sein.

01:08:06: Das ist völlig richtig.

01:08:08: Die Geschichte ist völlig plausibel.

01:08:10: Aber die andere Seite ist das eine Waschmaschine oder sowas.

01:08:13: Und das war eben in achtziger Jahren und auch kein wahnsinniger Luxusgegenstand mehr.

01:08:18: Oder ein Fernseher waren wahnsinnig teuer.

01:08:21: Also wenn man die jetzt so sagen im Verhältnis zum Brutto Brutto lohnt sie.

01:08:24: Also es war eben eine Binnen wirtschaft.

01:08:27: Das hat das mit dem DDR Geld zu tun.

01:08:28: Deswegen war eben die Reise nach Mallorca letztlich nicht möglich, weil dieses war eine Binnenwährung, die war ja auch nicht frei konvertierbar.

01:08:36: Und deswegen muss man diese Geschichten eben sozusagen, man muss es auch ein bisschen relativieren.

01:08:40: Aber es ist richtig, um noch mal ein bisschen ins Paradoxe zu ziehen.

01:08:46: Und in den Achtzigerjahren, in denen dann auch so Aussteigegruppen entstanden, ich hatte ja so Punks schon mal erwähnt, dann wird es insofern Paradox, dass die Punks natürlich auch entdecken, dass man ja mit den billigen Gründen ausmitteln billig vom Acker kam.

01:09:02: Also ich kenne auch Auch politische Aussteiger, die sind nach Mecklenburg gegangen, haben sich relativ billig in ein Häuschen besorgt.

01:09:10: Das gab es zum Teil, weil die eben auch alle natürlich unsaniert waren.

01:09:14: Du konntest in Mecklenburg, im Land, für erstaunlich wenig Geld, erstaunlich... Unkompliziert leben.

01:09:23: Ich habe Freunde gehabt, die haben gelegentlich mal ein paar Hörspiele für den DDR-Unfunk geschrieben und haben da, glaube ich, auf eine Art gelebt.

01:09:32: Da hätte man sich im Westen oder der Schweiz, wenn man erstaunt gewesen, dass man auf so einem bescheidenen Niveau in Frieden in der tollen Natur hat leben können.

01:09:42: Aber das ist natürlich nur eine Geschichte.

01:09:44: Die andere Geschichte wäre eben ein Prenzauer Berg mit den schlechten Heizungen und so weiter und so fortzunehmen.

01:09:49: Das muss man auch sehen und nicht jeder will auf dem Land bei Hühnern leben.

01:09:54: Du wolltest noch was ergänzen, ne?

01:09:56: Ja, gerade eben zu dem davorherigen.

01:10:00: Es sind natürlich Bedürfnisse geweckt worden.

01:10:02: Am Anfang, ganz am Anfang dieser Folge haben wir gesagt, es wurde viel Westfernsehen gesehen.

01:10:06: Und das Westfernsehen, das muss man sich hier vorstellen, sind die ganzen Produkte.

01:10:10: Also was gab es da?

01:10:11: Es gab es verschiedenste Produkte, die sind immer wiederkehrend gezeigt worden.

01:10:15: Und das... erzeugt natürlich ein Bedürfnis, nicht, dass das Markenprodukt unglaublich viel besser schmecken würde, als das selber hergestellte.

01:10:24: Aber es sind wahnsinnig viele Markenprodukte, um einfach zu sagen, wir hätten gerne genau diese Marke, die wir permanent im Westfernsehen sehen.

01:10:34: Und ja, ich weiß nicht, wie das ist, wenn man die ganze Zeit Westfernsehen guckt und Radio hört und aber gar nicht ein Zugriff darauf hat auf das, was man da die ganze Zeit sieht.

01:10:44: Da muss ich mal schnell, da muss ich dazwischen, weil das so eine wichtige Gedanke ist.

01:10:47: Aber das ist es doch genau.

01:10:49: Da wird der Westen zum verheißenen Land, das ist für das verheißene Paradies.

01:10:54: Und dann kommt die Wiedervereinigung.

01:10:55: Und plötzlich ist die eine wahnsinnige Enttäuschung.

01:10:59: Und das haben wir doch erlebt.

01:11:00: Die Leute sind wahnsinnig enttäuscht, weil dieses Paradies eben doch nicht dieses Paradies war.

01:11:06: Es war eine unendliche Überhöhung des Westens.

01:11:09: Und dann brach Heinz diese Treuhand und die Arbeitslosigkeit.

01:11:13: Wir waren halt auch in der Rahmenfamilie, ne?

01:11:16: Genau, und die Leute waren wahnsinnig enttäuscht.

01:11:18: Und das zieht sich bis heute durch eine abgrundtiefe Enttäuschung.

01:11:22: Und da liegt auch die Basis für manches Wahlverhalten in der Gegenwart.

01:11:27: Und natürlich auch für die Idealisierung der DDR.

01:11:29: Aber das ist ein ganz wichtiger Punkt.

01:11:31: Natürlich haben wir, ich habe auch immer gedacht, das ist das Paradies.

01:11:34: Wir haben alle gedacht, das ist das Paradies.

01:11:36: Lucy.

01:11:37: Ich hab dazu noch so eine ganz verrückte Geschichte.

01:11:40: Das war auch meine Ex-Schliegermutter.

01:11:43: Die hat mir erzählt damals.

01:11:47: Dann hab ich geheiratet, das war wirklich ganz kurz nach der Wende.

01:11:52: Und die hat mir auch gesagt, nein, die hat natürlich nach der Wende Helmut Kohl gewählt.

01:11:57: Und zwar, wo sie dann auch sagte, sie war der festen Überzeugung, weil ja, sie wusste, dass alle Ostpolitiker lügen.

01:12:08: dass Westpolitiker nicht lügen.

01:12:11: Das war für sie so, und das war eine richtig kluge Frau.

01:12:14: Die war überhaupt nicht, die war super smart.

01:12:17: Aber die sagte, das kann doch nicht sein.

01:12:19: Das ist das Paradies, da ist alles besser.

01:12:22: Und da sind auch die da in Anführungsstrichen, die da oben besser.

01:12:25: Und deswegen war sie der festen Überzeugung, das ist so.

01:12:28: Und ich war ganz fassungslos.

01:12:31: Und hab das dann aber im Nachhinein mal sacken lassen und dachte, ja klar, woher soll sie es auch anders wissen.

01:12:43: Ich hatte tatsächlich noch eine Frage, die so ein bisschen in die Richtung geht.

01:12:49: Ich bin aufgewachsen damit, dass mir Familienmitglieder immer wieder gesagt wurden, ja DDR, Regime, alles schlimm und so weiter und so fort, aber Frauen hätten da mehr Rechte gehabt.

01:13:00: Das würde mich einfach mal interessieren, wie er das erlebt hat.

01:13:03: Also was habt ihr, was für eine Rolle Frauen in der DDR spielten?

01:13:06: Wie waren da die Geschlechterrollen?

01:13:08: Wie stand es da mit der Gleichberechtigung?

01:13:10: Gerne auch an alle.

01:13:12: Das ist doch wieder eine typische Verkürzung.

01:13:17: Natürlich gab es einerseits scheinbar eine andere Gleichbehandlung, Gleichberechtigung von Frauen und so weiter und so fort.

01:13:24: Aber das hat auch was damit zu tun, dass es natürlich die Notwendigkeit gab, für Frauen zu arbeiten, weil du von einem Gehalt, von einem Gehalt konnte man nicht überleben.

01:13:33: Deswegen, das wird immer so idealisiert, dass in der DDR so nicht so viel Prozent, achtzig Prozent oder so, dass der Frauen werktätig waren.

01:13:40: Die mussten arbeiten, weil man einfach den Alltag nicht finanzieren konnte.

01:13:45: Und in der Folge dessen gab es in der Tat eine gewisse Emanzipation.

01:13:49: Das ist sicher richtig.

01:13:51: Aber Aber auch das war wieder sozusagen eine wirtschaftliche Notwendigkeit geschuldet.

01:14:00: Gut, gerne beide.

01:14:01: Dann mache ich weiter, baue ich darauf auf.

01:14:03: Also ja, nee, und scheiße, Patrick Hall war die DDR natürlich auch.

01:14:07: Also wenn du gesehen hast, wer in der Führungsriege war und wie wenig Frauen es da gab und auch wie

01:14:16: das Frauenbild

01:14:17: letzten Endes.

01:14:18: Also ich erinnere mich immer noch gerne an den Song.

01:14:20: Wenn Mutti früh zur Arbeit geht, dann bleibe ich zu Hause.

01:14:23: Ich bin da eine Schurze um und peg die Sture aus.

01:14:27: Da ist Fatih fickt, also das sind nicht die Aufgaben für Fatih gewesen.

01:14:34: Ich häufig war es schon, also zumindest, wie ich es auch mitgekriegt habe, hatten die dann halt beides.

01:14:41: Die waren voll berufstätig und haben den Haushalt gemacht.

01:14:44: Und was aber, glaube ich, durchaus dazu geführt hat, dass Frauen teilweise selbstbestimmter waren, zumindest habe ich das... hatte ich das Gefühl, dass das Abtreibung wesentlich selbstverständlicher war.

01:15:01: Als bei uns, dass es eben nicht dieses Stigma gab, wenn du das gemacht hast.

01:15:08: Und dass du natürlich auch als... also durch die Kinderbetreuung natürlich auch als alleinerziehender Mensch durchaus eine Möglichkeit hattest, dein Leben... zu gestreiten, wenn du eben, aber eben, wie du schon gesagt hast, also an sich passt, um doppeltes Einkommen gebraucht, um über dich runden zu kommen.

01:15:30: Aber ich glaube, dass so dieses, also die, es gab halt weniger Religionen, also weniger religiöse Moralvorstellungen und so was.

01:15:39: Und die sind eben auch wahnsinnig patriarchal.

01:15:40: Aber ich glaube, dass so die letzten Endes, so das das Moralinsaure, ich glaube, dass das das Moralinsaure gab es trotzdem auch ohne Religionen, auch für Frauen.

01:15:50: Ja, ich würde schon sagen, dass aber dennoch, also selbst wenn es eine Notwendigkeit ist, gab es halt für die Frauen den Zugang zur Arbeitswellen, also gerade das fünftiger, sechziger Jahre des Westdeutschlands, wo die Frauen zu Hause waren und mit dem zu Hause sein.

01:16:03: Ich stimme die absolut zu mit Haushalt und Arbeit, also dass die Familienversorgung nach wie vor an der Frau ging.

01:16:10: soweit ich das mitbekommen habe.

01:16:12: Und trotzdem gab es einen Zugang zur Berufswelt.

01:16:15: Und wenn du, sagen wir mal, in den fünftiger, sechziger Jahren in Westdeutschland warst, dann warst du zu Hause bei den Kindern, hat es vielleicht noch eine Nachbarin.

01:16:21: Das war es, also du warst so abgekattet und hattest damit natürlich auch

01:16:27: in... Brauchst du es ja auch die Erlaubnis deines Mannes häufig?

01:16:30: Der Erlaubnis

01:16:32: bis neunzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehnt, glaube ich, oder nee bis neunzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzehntzeh noch sagen, haben wir nicht, okay, die Kinder mussten auch betreut werden und die mussten relativ früh auch in die Krippen.

01:17:02: Und trotzdem sind diese Systeme aufgebaut worden, die es Frauen ermöglicht haben, in zwei Welten zu leben und Berufe zu haben.

01:17:10: Und das war lange Zeit in Westdeutschland nicht so.

01:17:13: Und das hat man eben auch noch mal sehen, dass Sexualitäten, dass Sexualkunde in der, was gerade gesagt, Abtreibungsgesetze Kaufverträge, da hat man das gemerkt.

01:17:23: Das sieht man immer und ich finde es übrigens erschreckend, apropos Annika Geschichtslehrerin.

01:17:28: Es ist ja immer wieder auch erschreckend, wenn man sich mit einem Thema auseinandersetzt, zum Beispiel Feminismus oder Sexualentwicklung, also so Themen, die ich dann immer mal wieder so in, was ich nicht, in Seminaren habe, dass ich ganz oft gucke, ja, so war das und dann so, ja, aber in Westdeutschland.

01:17:43: Also das ist, ich finde jetzt auch noch immer so einen versöhnlichen, vereinigenden Gedanken zu haben, dass es immer wichtig ist, wenn wir etwas machen, beide Entwicklungsgedanke Schichten zu sehen.

01:17:54: Also, ich weiß, wir sind damals... Wir sind damals über die Grenze gefahren.

01:17:58: Das Erste, was die Brüder gemacht haben, waren die Autos zu tauschen.

01:18:01: Es wurde ein Wachtburg gegen ein Mercedes getauscht und dann wurde über die total maroden Straßen gefahren.

01:18:07: Ich weiß, Jahre später, wo die gut über siebzig waren, hatte mein Onkel einen Mercedes und dachte, jetzt habe ich auch einen und unsere Straßen sind besser.

01:18:16: Irgendwann kippte das dann und drehte und war irgendwie was wie eine Konkurrenz.

01:18:20: Trotzdem war es irgendwie auch total versöhnlich.

01:18:23: Für viele, nicht politische Ausrichtungen, Andreas, aber für viele Familien war es so wichtig, wieder zusammen zu sein.

01:18:29: Es waren ja Familien, die teilweise zusammen im Krieg waren, als Kinder im Krieg waren und dann als junge Erwachsene getrennt worden sind.

01:18:36: Es waren wirklich Schicksale.

01:18:39: Und ich finde es jetzt unglaublich wichtig, in einer Erzählung und auch in einer gerade, zum Beispiel im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, in Erzählungen, bitte nicht die Geschichte von... von so vielen Menschen, die zu Deutschland gehören, zu vergessen und immer das westdeutsche Narrativ zu haben.

01:18:55: Ich finde es total schwierig, dass man das wirklich in den verschiedenen Themenbereichen bitte mitdenkt.

01:19:01: Ich habe übrigens, ich bin Baujahr' in Ostern-Schött groß geworden ist und der hatte in der achten Klasse dann, also letztes Schuljahr, bevor die Wende kam, hat der mit so kleinen Wellen Raketenwerfen gelernt.

01:19:14: Also die haben das tatsächlich so gesagt, sind mir Sportunterricht, das Unterrichtsfächer, in denen man dann sozusagen Krieg geübt hat im Sportunterricht.

01:19:24: Und die haben Kranaten, nicht Raketen natürlich, Kranaten werfen.

01:19:31: Aber ich möchte wirklich nochmal diesen persönlichen Charakter und dass man wirklich immer denkt, wir haben zwei Entwicklungsgeschichten und nicht immer nur so eine Sache in den Vordergrund, genau das westdeutsche.

01:19:42: Das passt sehr gut zu meiner nächsten Frage.

01:19:45: Da ging es nämlich dann jetzt wirklich um, wir haben sie ganz viel schon angesprochen, aber eben um den Mauerfall, um die Wiedervereinigung, vor allen Dingen hier an, auch wieder an euch, eigentlich an euch alle, denn ich war minus elf Tage alt als der Mauer, die Mauer gefallen.

01:20:04: Also ich kann mich da ganz garantiert nicht mehr daran erinnern.

01:20:08: Aber ja, wie war es denn für euch?

01:20:10: Also Lucy, du hast gerade schon gesagt, du hast es verpennt.

01:20:14: Ja, ich habe es verpennt, wobei ich dann gleich am nächsten Tag

01:20:16: alles andere mitbekomme.

01:20:17: Natürlich

01:20:18: sofort eben das Abstruse war.

01:20:21: Ich bin dann sofort zur Mauer, also sofort auch zum Brandenburger Tor nach der Schule.

01:20:26: Also ich sah die plötzlich die ganzen Trabis auf der Straße und dachte, ja, ist hier irgendwie eine Autorausstellung oder so.

01:20:30: Und war wirklich völlig.

01:20:32: Und dann ging es tatsächlich erst mal darum, als Westberliner, wir sind dann über die... war eine von denen, die dann auf dieser Mauer da standen, so, da gab es uns auch uns sehr viele Fotos von, und wir sind dann über diese Mauer geklärt hat.

01:20:46: Und wollten auch, und zwar erstmal, weil wir noch nie noch nicht damit gerechnet hatten, dass es sowas, also an Wiedervereinbar gar nichts zu denken, aber... dass es etwas gibt,

01:20:57: wie ein...

01:20:58: Also, das ist die Möglichkeit, mal durchs Brandenburger Tor zu laufen.

01:21:01: Weil das war für uns eben wirklich so.

01:21:02: Das war so wie über Wasser gehen oder so.

01:21:06: Also, das war so ein achtes Weltwunder.

01:21:07: Und ganz viele, und ich hab da tatsächlich, und das fand ich wahnsinnig berührend, da gab es Rentnerinnen.

01:21:14: Also, ich hab tatsächlich, ich hab zwei Rentnerinnen gesehen, die in Tränen aufgelöst vor diesen Fokus standen und gesagt haben, lass mich doch einmal, weil das... Beim Reutor war dann gesperrt, da durfte man nicht mehr durch.

01:21:26: Es war nur am neunten November möglich, nicht am zehnten.

01:21:29: Und sagten, bitte, nur einmal, nur in meinem Leben.

01:21:32: Und ich will nicht sterben, bevor ich nicht wieder ein einziges Mal.

01:21:35: Und den Gings, also das hatte für die Sohn Symbolcharakter, dass die wirklich in Tränen da fast zusammengebrochen sind irgendwie.

01:21:43: Und dann kam tatsächlich irgendwann Panzer.

01:21:48: Und dann haben wir uns zurückgezogen.

01:21:50: Und wir haben das aber nicht... Und das fand ich auch wieder so absurd, weil wir haben das nicht ernst genommen.

01:21:55: Weil wir als Westberliner so, ja, man kannte das Jahre Häuserkampf und so.

01:22:00: Und bis so hinterher ist mir das dann bewusst geworden, dass ich dachte, nee, scheiße, das waren Panzer, das waren keine Wasserwerfer.

01:22:06: Und das waren, und das hätte auch, ich weiß, also ich denke, so derzeit hat, war es ja schon gekippt, aber das hätte auch ganz anders ausgehen können.

01:22:15: Und wir haben das aber null realisiert, also gar nicht.

01:22:19: Man ist ja auch in der Rückschau meistens erst, dass das ganz andere Konsequenzen dann gehabt hätte, wenn dann wirklich noch anders niedergeschlagen worden wäre.

01:22:31: Ruth, kannst du dich noch erinnern?

01:22:34: Totaler Ausnahmezustand in unserer Familie.

01:22:36: Wir haben also nur Radio, nur Fernsehen.

01:22:38: Also ich glaube, ich habe mein komplettes dreizehntes Lebensjahr damit verbracht bis ins vierzehnte rein.

01:22:45: diesen Prozess zu begleiten.

01:22:46: Es war ein Dauerthema und ich kann mich an diese Versuche der Anrufe zu erinnern, die die andere Seite zu erreichen.

01:22:54: Also das irgendwie die ganze Familie permanent um dieses Telefon stand und versucht hatte dann die Verwandtschaft zu erreichen.

01:23:03: Ich glaube, das war noch so eine der ersten Momente, wo ich wirklich meinen Vater weinsehen, weil die waren fix und fertig durch diese.

01:23:10: Es war irgendwie trotzdem unerwartet.

01:23:12: Man konnte sich das einfach nicht vorstellen, dass sie das noch erleben würden.

01:23:20: Ich würde das ähnlich wie Ruth es jetzt gemacht hat.

01:23:23: Ich würde das ein bisschen mehr in so einem Zusammenhang hängen.

01:23:25: Also ich würde eher sagen, es waren langes Zeitfenster.

01:23:28: Also es hängen ja vom Frühsommer, das ging über den neunten November, das ging dann bis November und März, das will ich mich jetzt gar nicht festlegen.

01:23:40: Die Zeit, in der wir eben praktisch pausenlos Nachrichten geguckt haben oder Tagesschau geguckt haben und ähnliches.

01:23:46: An den Abend habe ich gute Erinnerungen.

01:23:48: Ich habe diese berühmte Pressekonferenz mit Schabowski gesehen, in der ja diesen berühmten Satz sagt, der ja übersetzt bedeutet, die Grenze ist offen, wobei ich nicht in Berlin war.

01:23:58: Ich war in Halle-Sahler und also ich konnte nicht einfach zur Bonheimer Straße gehen, weil da einfach war keine Grenze.

01:24:06: Ich bin dann erst an dem Freitag, also beim Donnerstagabend, ich bin dann erst an dem Freitag dann nach Berlin mit vielen Freunden.

01:24:12: Westberlin war ja übervoll, aber natürlich hat uns die Frage beschäftigt, also uns hat die Sorge beschäftigt, die machen die Mauer wieder zu.

01:24:22: Und ich denke sogar am Nachhinein, fast hat sie uns weniger beschäftigt, als sie uns hätte beschäftigen müssen, denn das war ja die Chance meines Lebens, jetzt sofort abzuhauen.

01:24:32: Ich hätte ja am neunten oder am zehnten November in Westberlin bleiben können, und ich wäre endlich aus dieser verfluchten DDR raus gewesen.

01:24:39: Und ich bin ja sozusagen zurück in die DDR.

01:24:42: Und wir hatten damals keine Kinder, aber warum hatten wir keine Kinder?

01:24:46: Ich wollte auch keine Geiseln haben in der DDR, weil wir natürlich immer irgendwie auf gepackten Koffern saßen.

01:24:51: Wir wussten nur nicht, wie wir wegkommen.

01:24:53: Aber dass ich irgendwie mal in der DDR alt werde, das konnte ich mir auch nicht vorstellen.

01:24:57: Aber ich wusste nicht, ich wusste auch nicht genau, wie ich nach Westen komme.

01:25:00: Und durch Minfeld wollte ich auch nicht laufen und die Beine verlieren.

01:25:05: Das muss man auch noch mal sagen.

01:25:06: Wir haben doch in so einem Zwischenbereich gelebt.

01:25:09: Wir haben Westfernsehen geguckt, wir haben Westreite gehört.

01:25:12: Wir haben es der DDR nicht, also wir zumindest nicht, andere ja schon.

01:25:17: Wir haben es nicht groß eingerichtet, sondern wir haben immer irgendwie gedacht, irgendwann findet sich vielleicht eine Gelegenheit abzuhäumen.

01:25:26: Zwischenzustand.

01:25:28: In so einem Zwischenzustand, und zwar so blöd zu denken, dass es im Westen alles gut ist, war ich nicht.

01:25:33: Ich hatte damals schon Eltern im Westen.

01:25:36: Ich wusste relativ gut, wie der Westen tickt.

01:25:39: Aber ich wusste eben, was man so schwer beschreiben kann, deswegen will ich es noch mal sagen, diese Tristesse und diese Schere im Kopf und dieses Grauer, diese Grauer, diese Totenflüsse, diese verseuchte Luft, diese... Zukunftslosigkeit, diese Perspektivlosigkeit.

01:25:59: Ich will es auch noch mal sagen für Leute, die es vielleicht nicht kennen.

01:26:02: Es wird in einer Tiktatur, wie in der DDR, wird eben der Oberarzt, der eben in der Partei ist und nicht der, der als Arzt gut ist.

01:26:09: Und auch das hat das Land kaputt gemacht.

01:26:11: Bernd hat ja so schön beschrieben, dass die kein Geld mehr am Ende hatten.

01:26:16: Aber auch das macht das so ein Land kaputt, dass eben nicht die guten Leute kriegen, die Leitungsposten, sondern die Parteien nahen.

01:26:23: Und wer wird den Schulleiter?

01:26:25: nicht der gute Lehrer, sondern der SED-Lehrer, sondern das größte Arschloch ist.

01:26:30: Und das macht einen Land einfach auch kaputt und vielleicht macht es auch die Seelen der Leute kaputt.

01:26:34: Und natürlich haben viele dort nicht leben wollen.

01:26:37: Warum sind denn drei Millionen aus der DDR nach dem Westen abgehauen oder mit Ausreisern den Tag weg?

01:26:42: Sind ja nun wahnsinnig viele weg.

01:26:43: Man muss auch viele Bauern, die sehr verwurzelt waren.

01:26:47: Also das gehört doch alles zu dieser Geschichte dazu.

01:26:49: Es muss doch, ich sage es mal ein bisschen, pathetisch.

01:26:52: Es muss ja auch fürchterlich die Wesen sein, das wären doch nicht so viele nach dem Westen.

01:26:56: Und wenn es halbwegs so schön gewesen wäre, wie heute überhaupt das würde, frage ich mich, warum so wenig aus dem Westen die DDR gegangen sind.

01:27:02: Außer der RAF ist ja kaum jemand rüber.

01:27:05: Also das gehört doch alles zur Wahrheit dazu.

01:27:08: Es ist ja offensichtlich, haben sehr viele so empfunden, aber es haben sich natürlich viele eingerichtet im Bewusstsein, dass da eben so viele tausend russische Panzer stehen und dass man eben sozusagen sich arrangieren muss mit dem, mit den Mächtigen.

01:27:22: So ist das Leben

01:27:23: oft.

01:27:26: Und Bernd, wie war denn deine Erinnerung?

01:27:29: Du warst ja auch schon in einem Alter, wo man das ja sehr deutlich mitkriegt, sage ich mal.

01:27:34: Hast du

01:27:34: Bernd gerade alt genannt?

01:27:37: Nein,

01:27:37: aber du hast ja erzählt, dass du vorher da ja auch zu

01:27:39: Besuch warst.

01:27:40: und wirst du dann die Wiedervereinigung erlebt.

01:27:46: Also...

01:27:49: So richtig weiß ich es tatsächlich gar nicht mehr so.

01:27:50: So wie Andreas eben gesagt, es ging alles rund und drüber.

01:27:53: Ich weiß mit dem Telefon, ja, das haben wir auch versucht.

01:27:56: Und es ging dann auch tatsächlich relativ schnell, als dass unsere Verwandten dann bei uns dann aufgetaucht sind.

01:28:04: Die sind dann allen Ernstes mit dem Trabi dann von Zwickau nach in Saarland gefahren.

01:28:09: Und dann haben sich erst mal ganz praktische Fragen gestellt, man muss sich...

01:28:13: Ich

01:28:14: weiß nicht, ob sich jemand von euch diese Autos vorstellen kann, wenn die siebenhundert Kilometer gefahren sind.

01:28:19: Da waren die Reifen komplett abgefahren.

01:28:22: Da waren dann erstmal ganz praktischen Fragen, wo kriegt man jetzt in Saarbrücken Ersatzteile für dieses Ding her?

01:28:27: Und dann gab es dann Reifenhändler im Saarland.

01:28:30: Die haben dann die Reifen verschenkt und kostenlos repariert und alles.

01:28:33: Und das sind so irgendwie so kuriose Sachen, die ich da in Erinnerung hab.

01:28:38: Es ist ja auch ein Zweitakter hier.

01:28:40: Brauchtet ja das richtige Benzin.

01:28:42: Ja und solche Sachen genau.

01:28:44: Das waren dann muss man irgendwie dafür sorgen genau, dass dieses Auto noch wieder funktioniert und lauter so ein Zeug.

01:28:50: Wenn wir euch gerade stranden, Lucy?

01:28:55: Kleine Anekdote noch am Rande, was ich wahnsinnig faszinierend fand.

01:28:59: Also bei ja gerade gesagt, wo das war ein Prozess.

01:29:04: Wir haben am zehnten November dann jemanden aus Dresden kennengelernt und haben dann tatsächlich, waren dann, haben den dann soweit es ging, also als du aus Westberliner raus durftest, da gab es ein paar Tage, da durftest du das nicht und sind wir nach Dresden gefahren.

01:29:19: und dann habe ich erstmal so oft es mir nur irgendwie möglich war, die Zeit in Dresden verbracht, weil Das ist so faszinierend war für mich oder also auch für uns, für meinen damaligen Freund und mich, weil sich da so eine Jugendkultur oder junge Erwachsenenkultur entwickelt hatte, die eben nicht, dass sie ja kein Westfernsehen hatten, die so völlig autark war.

01:29:45: Und wo plötzlich Dinge passierten, die hatte ich noch nie zuvor gesehen oder wo es plötzlich keine Ahnung ist.

01:29:50: Also, idiotische Sachen, dass es plötzlich als Snack in einer illegalen bar-russische Eier gab oder sowas oder so.

01:29:59: Und das fand ich zum Beispiel auch wieder umgekehrt, wahnsinnig faszinierend.

01:30:02: Also, dann zu sehen, was das mit Menschen macht, wenn es dann plötzlich Reisefreiheit gibt, die also... dass es da noch ganz was anderes gab als die normale Popkultur, an die wir so gewöhnt waren.

01:30:17: Und die war toll.

01:30:18: Die war toll und die war auch total erhaltenswert und ist, glaube ich, auch leider viel zu schnell dann eben auch in den großen drei wieder eingemeindet worden, der dann so da war.

01:30:28: Man sagte dazu, das Tal der Ahnungslosen.

01:30:31: Ja, ja, das Tal der Ahnungslosen.

01:30:34: Genau, ja, aber das hatte natürlich auch einen Vorteil, wenn du davon nicht hast, dann eben auch.

01:30:41: Also hatte natürlich kein Vorteil in dem Sinne, dass es überhaupt ein Vorteil war, aber es hatte dann in dem ganz speziellen, um Himmels willen bloß nicht falsch verstehen, aber es hatte in dem ganz speziellen Fall dann den Vorteil, dass sich da was völlig Eigenes entwickelt hat.

01:30:54: Aber ich glaube, das ist trotzdem das Recht eines jeden Menschen, ist frei an Informationen zu gelangen.

01:30:59: Insofern ist es eher eine, ja die Resilienz, die wollte entwickeln, wenn sie

01:31:04: das Recht frei an Informationen zu gelangen ist ein gutes Stichwort für uns.

01:31:10: Lüde habe ich jetzt nicht gefragt, weil ich vermute, dass du dich ähnlich wie ich wahrscheinlich nicht mehr so gut dran erinnern kannst.

01:31:19: Ja, teilweise.

01:31:20: Also, es ist so, ich habe in der Sendung über Polen schon mal gesagt, dass für mich das Ganze sich so darstellte, dass nun plötzlich wir die Möglichkeit hatten, unsere Verwandten in Polen zu besuchen.

01:31:32: Und wir sind ja siebenundachtzig aus Polen

01:31:34: geflohen.

01:31:35: Und daran erinnere ich mich sehr.

01:31:36: Und interessanterweise, während Ruth so erzählte, bekam ich so eine Erinnerung, weil ich sehr genau weiß, dass das sehr gruselig für mich war, als wir nämlich ... geflohen sind, weil ich wusste, dass es eine bremstliche Situation ist.

01:31:49: Auch wenn ich das mit vier einhalb Jahren nicht so erfassen konnte, was da los ist.

01:31:53: Aber irgendwie habe ich verstanden, es ist jetzt ganz wichtig, dass das jetzt hinhaut, dass wir jetzt unsere Tante im Westen besuchen können und dass das nicht schiefgeht.

01:32:00: Und ich weiß, dass ich totale Angst hatte vor dem Soldat, der dann irgendwie die Unterlagen kontrolliert hat

01:32:07: im Zug.

01:32:08: Und

01:32:09: ich totale Panik vor ihm hatte und er keine Ahnung hatte, warum ich so eine Panik vor ihm hatte und ich sehr froh bin, dass er nicht drauf gekommen ist.

01:32:15: dass ich wahrscheinlich so eine Panik hatte, weil ich wusste, es ist

01:32:17: super wichtig, dass wir jetzt da rauskommen.

01:32:19: Aber das war grad so was, was dann

01:32:20: so aufgeploppt

01:32:22: ist.

01:32:22: Wenn man so viel ein Halb ist, kriegt man den Stressbegel der Situation schon irgendwie mit, auch wenn man sie halt nicht verstehen kann.

01:32:27: Und deswegen war es so krass, dass ich dann acht war und zum ersten Mal wieder meine Verwandten

01:32:36: aus

01:32:37: Deutschland in Polen besuchen konnte und die Verwandten aus Polen uns auch in Deutschland dann besucht haben.

01:32:41: Und apropos

01:32:42: Auto,

01:32:42: meine Oma hat meinem Onkel dann direkt

01:32:45: ein Auto gekauft, weil sie davon

01:32:47: ausging, dass er mit dem sehr, sehr günstigen polnischen Auto, was er dann erworben hat, es wahrscheinlich nicht schaffen

01:32:52: würde, den Weg zurückzulegen, zu uns um uns zu besuchen.

01:32:55: Also

01:32:55: hat sie ihm dann, also lauter

01:32:56: so Sachen, die jetzt gerade aufgeploppt sind.

01:32:58: Also bis hin zu, dass ich weiß, ich war in Polen und meine Mutter hat das einmal geschafft,

01:33:03: mir, als wir,

01:33:03: glaube ich, in Warschau

01:33:05: waren oder so, eine Banane zu besorgen und dachte, wow, mein kleines Kind, so drei Jahre alt, bekommt jetzt eine ganz tolle Frucht so und ich

01:33:13: ...

01:33:14: überhaupt

01:33:14: keine Lust hatte, etwas zu essen, was ich noch nie gesehen

01:33:16: habe.

01:33:17: Also ich als Kind eher so, nein, danke.

01:33:19: Und das war irgendwie

01:33:20: total schlimm, weil

01:33:21: sie hatte mir ja sowas Tolles

01:33:22: ermöglicht.

01:33:22: Und jetzt

01:33:23: wollte ich das gar nicht essen.

01:33:24: Also da seht ihr, ich habe

01:33:25: ganz viele

01:33:26: Erinnerungs-Assoziationen,

01:33:27: obwohl ich super jung war,

01:33:28: als das alles natürlich abgelaufen ist.

01:33:31: Naja gut.

01:33:32: Das meine Parzent.

01:33:33: Genau das finde ich ja spannend.

01:33:36: Genau, denn solche Andrücke auch, wie das mit Ruth mit dem... Sauerkraut.

01:33:41: Das sind manchmal tolle Bilder, finde ich, die für viele andere Sachen stehen können.

01:33:47: Und Bilder, die für viele andere Sachen stehen können, zusammen mit Recht auf Information, das haben wir auch in zwei Wochen wieder, nämlich am ersten Juli.

01:33:57: Da treffen wir uns gleiche Stelle, gleiche Welle.

01:34:02: Und wir reden.

01:34:03: Lydia, darf ich jetzt schon spoilern, ja, richtig?

01:34:05: Ja.

01:34:07: Ja, da reden wir nämlich über Horrorfilme, aber die Gäste verraten wir euch jetzt noch nicht.

01:34:12: Das wird cool.

01:34:15: Der Bernd freut sich schon scharf schon mit den Hufen.

01:34:19: Und genau.

01:34:21: Ja, dann bedanke ich mich sehr bei Lucy, Andreas, Ruth und natürlich auch bei Bernd und Lydia und bei unserem Team im Hintergrund.

01:34:33: Vielen Dank an euch alle und... Das war es dann schon.

01:34:37: Vielen Dank für diese sehr unterhaltsame und interessante Folge.

01:34:43: Danke, bis dann.

01:34:44: Tschüss.

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